Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

176 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
durch einen andern Botschafter ersetzt sei. Decazes erwiderte, er sei 
darüber in Verlegenheit. Erstens glaube er, was ich bestritt, daß die 
Abberufung Gontauts als ein Zeichen der Verschlimmerung der Be— 
ziehungen zwischen Deutschland und Frankreich betrachtet werden würde, 
und zweitens habe er keinen, den er hinschicken könne. Er bat mich, die 
Sache nochmals mit dem Fürsten-Reichskanzler zu besprechen. Gontaut 
sei kein Conspirateur. Indem er versucht habe, sich bei Hofe gut zu stellen, 
habe er geglaubt, seine Stellung zu verbessern. Wenn er das Gespräch 
mit Radowitz so wiedergegeben habe, wie Radowitz sich geäußert, so habe 
er als Diplomat nicht anders handeln können. „On n'invente pas ces 
choses.“ Das Gespräch, wie es berichtet sei, trage zu sehr den Charakter 
der Wahrheit an sich. Mir scheint, daß Decazes, der sich in seiner Stellung 
erschüttert sieht, weil man ihm vorwirft, er wahre nicht genug die Ehre 
Frankreichs, die Abberufung Gontauts als eine Schwächung seiner Stellung, 
eine abermalige Demütigung Frankreichs betrachtet und fürchtet. Er er- 
zählte mir folgendes Zwiegespräch. Fürst Gortschakow sagte ihm: „On 
vous fait des miseères pour Gontaut?“ „Non“ antwortete Decazes, 
„il y a eu bien quelques conversations à ce sujet.“ „Non, non, je 
le sais.“ „II est vrai,“ erwiderte Decazes, „que j'ai eu Pidée de vous 
Tenvoyer.“ Gortschakow: „Très bien, il sera bien reçu. II8 sont 
difficiles à Berlin avec les diplomates. Nous sommes plus accommo-- 
dants. Nous en avons déjà un qui D’'allait pas à Berlin et nous en 
sommes tres contents.“ 
Decazes bat mich nochmals, mit dem Fürsten über Gontaut zu sprechen 
und ihn zu bitten, es noch einmal zu versuchen. 
Berlin, 17. Dezember 1875. 
Ankunft in Berlin den 15. Abends nach einer Fahrt von vierund- 
zwanzig Stunden mit einer Französin, die mich halbtot geschwatzt hat. 
Abends bei Viktor und Amelie. 
Mittwoch Vormittag in den Reichstag. Nachmittag zu Exzellenz 
Bülow, über Gontaut gesprochen. Bismarck beharrt dabei, ihn wegzu- 
haben. Bülow schien damit nicht ganz einverstanden zu sein. Abends 
im Unionklub und dann im „Kaiserhof“, wo ich mit Varnbüler, Bamberger, 
Viktor und Hermann sprach. 
Gestern um 12 Uhr zum Kronprinzen. Unterredung über den Suez- 
kanal. Freude über die Annäherung an England. 
Berlin, 18. Dezember 1875. 
Heute aß ich bei Bismarck. Nach Tisch kamen wir in ein längeres 
Gespräch. Ueber Gontaut sagte er, er habe persönlich nichts gegen ihn,
	        
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