Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 225 
wegen Frankreich in heillose Verwirrung bringen. Wenn der Marschall 
kein Manifest, aber einen einfachen Zeitungsartikel in einem konservativen 
Blatt schreiben läßt, dahin gehend: Der Marschall hat den Präfekten das 
und das versprochen. Er würde verpflichtet sein, es auszuführen, wenn 
der Senat ihm dazu die Möglichkeit gewährte; die und die Senatoren 
haben ihm aber erklärt, daß sie nicht mit ihm gehen, mithin wird die 
Majorität des Senats ihm défaut machen, mithin bleibt dem Marschall 
nichts, als ein Ministerium der Majorität zu nehmen, selbst wenn dieses 
ein Revirement unter den Beamten als Bedingung stellt. Das gefiel H. 
und er bat mich, dies Decazes und dem Marschall zu sagen. Wenn den 
Leuten diese einfache Logik fremd ist, dann muß es freilich schlecht stehen. 
Endlich höre ich heute, daß Vogüé hier ist und daß er an die Stelle von 
Decazes kommen soll. 
Decazes sagte mir heute, die Schwierigkeiten lägen nicht in den 
Engagements des Marschalls, sondern in dem Mangel an Zeit. Die 
Parteien seien zu erbittert, um in der kurzen Zeit zwischen jetzt und der 
Eröffnung der Kammer zu einer Verständigung zu gelangen. 
Paris, 23. November 1877. 
Blowitz, der heute lange bei mir war, sagt, er komme mehr und 
mehr zu der Ueberzeugung, daß der Marschall, ohne es zu wissen, unter 
klerikalem Einfluß stehe. Auch der 16. Mai sei durch diesen Einfluß 
hervorgerufen worden. Ich habe daran nie gezweifelt und encouragierte 
Blowitz, seine Nachforschungen fortzusetzen. Da dies aber so sei, so meint 
Blowitz, daß man dem Marschall nicht trauen könne und also auf seine 
Demission hinarbeiten müsse. Er hält die Lage für „effrayant". 
Nachmittags nach Versailles. Auf dem Rückweg fand ich St. Vallier 
und de Normandie. Beide nannten mir die neuen Minister, 1) zweifeln 
aber, daß der Marschall mit diesen einen Staatsstreich machen werde, 
sondern glauben an die Demission des Marschalls, die jedermann wünsche. 
Fürst Bismarck an den Fürsten Hohenlohe. 
Varzin, 1. Januar 1878. 
Eurer Durchlaucht möchte ich im Anschluß an meinen Ihnen schon 
en clair ausgesprochenen Glückwunsch zum neuen Jahre auch meinen 
herzlichen Dank für die so einsichtige und tapfere Unterstützung sagen, 
  
1) Das Ministerium Broglie hatte am 16. November seine Demission gegeben. 
Am 23. wurde ein Geschäftsministerium ernannt. Am 24. beschloß die Kammer, 
daß sie nicht in Beziehungen zu diesem Ministerium treten könne. Am 3. Dezember 
berief Mac Mahon Dufaure und beauftragte ihn, ein Ministerium zu bilden. 
Fürst Hohenlohe, Denkwürdigkeiten. II 15
	        
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