Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 233 
wollen. Die Russen sahen sorgenvoll aus. Der Reichskanzler vermittelt, 
so viel er kann, und hat die Sache mit großem Geschick dirigiert. 
Abends 6¾ Uhr war Galadiner im Schloß. Ich saß neben Oubril. 
Der Kronprinz brachte einen Toast in französischer Sprache aus, dankte 
für die Wünsche, die der Kongreß für die Genesung des Kaisers aus- 
gesprochen hatte, wünschte dem Kongreß guten Fortgang und trank auf 
das Wohl der Souveräne und Regierungen, die im Kongreß vertreten 
seien. Nach Tisch Cercle. Ich ließ mich der Prinzessin vorstellen, die mit 
Prinz Heinrich der Niederlande verlobt ist. ) Er selbst war so liebens- 
würdig und so langweilig wie immer. Prinz Friedrich Karl sehr rot 
und dick. Der Kronprinz freundlich wie immer. 
Abends mit Karl Fürstenberg und Karl Egon im Unionklub, wo ich 
eine Auseinandersetzung eines schlesischen wohlgesinnten Gutsbesitzers anhörte, 
der die Hauptursache der schwierigen Lage des Landes darin sieht, daß 
Bucher im Ministerium des Aeußern sein Unwesen treibe. Ich verzichtete 
darauf, seinen Unsinn zu widerlegen. 
Berlin, 14. Juni 1878. 
Heute kam Blowitz zu mir. Er fing gleich damit an, zu sagen, daß 
man ihn mit der Nachricht des Geheimhaltens empfangen habe. Es sei 
also für ihn nichts zu tun, und er könne abreisen. Ich fragte ihn dann, 
was er gehört habe, und bemerkte, daß er noch von niemand Notizen über 
die gestrige Sitzung hatte. 
Er erging sich dann in Betrachtungen über die Aufgaben des Kon- 
gresses, denen ich einfach zuhörte. Bedenken flößte ihm der Charakter 
Lord Beaconsfields ein. Er sei von sich eingenommen und mißtrauisch. 
Wenn man ihn durch Liebenswürdigkeit gewinnen wolle oder wenn man 
überhaupt nur höflich mit ihm sei, werde er mißtrauisch und glaube, 
„Gdu'’on veut le mettre dedans“. Sei man aber nicht höflich, so nehme 
er es übel. Das könne also zu Mißstimmungen im Kongreß führen. 
Lord Beaconsfield habe die öffentliche Meinung in England für sich, aber 
doch nur deshalb, weil er die bisher erreichten Resultate auf friedlichem 
Wege erreicht habe. In dem Augenblick, wo die englische öffentliche 
Meinung erfahre, daß Lord Beaconsfield zu weit gehen wolle, werde er 
an Terrain verlieren. Blowitz meint, die Russen würden über einen 
gewissen Punkt hinaus nicht nachgeben und eher Krieg führen. Krieg 
aber wolle das englische Volk nicht. Es werde darauf ankommen, die 
öffentliche Meinung in England zur rechten Zeit darauf aufmerksam zu 
machen. Ich erwiderte ihm, dies könne, wenn der Fall wirklich eintrete, 
durch den Korrespondenten der „Times“ geschehen. 
  
1) Prinzessin Elisabeth von Preußen, Tochter des Prinzen Friedrich Karl.
	        
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