Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 259 
zu machen. Er sprach davon, das Gesetz gar nicht anzunehmen, und er- 
örterte die Folgen, die dies haben werde. Dabei meinte er, wenn das 
Gesetz falle durch die Schuld der Nationalliberalen, so werde die Regierung 
irgendeinen Exzeß, Aufruhr u. s. w. abwarten und dann auflösen. In 
einem solchen Falle würden die Nationalliberalen gar nicht mehr gewählt 
werden. Ich schwieg zu dieser Expektoration, da ich sah, daß er nur 
seinem Aerger Luft machen wollte. Lucius remonstrierte. Darauf fragte 
ich, wen Oesterreich nach Paris schicken würde. Bismarck sagte: Beust, 
und erzählte, Andrässy habe ihm einen Brief geschrieben und gebeten, er 
möge es nicht übelnehmen, es ginge aber nicht anders. Bismarck meinte, 
Beust würde nur deshalb nicht entlassen, weil er über den Hof Dinge 
wisse, die man nicht verbreitet haben wolle. Und man halte Beust für 
fähig, sich durch Indiskretionen zu rächen. Bismarck glaubt, Beust werde 
es sehr bald möglich machen, die guten Beziehungen zwischen Oesterreich 
und Frankreich zu trüben, wie er es verstanden habe, zwei Länder aus- 
einander zu bringen, England und Oesterreich, die durch gemeinsame Inter- 
essen aufeinander angewiesen seien. 
Ich ging mit Lucius eine Strecke Wegs. Wir nahmen uns vor, 
Bennigsen von dem Eindruck, den die gestrige Beratung auf den Reichs- 
kanzler gemacht hat, in Kenntnis zu setzen. 
13. Oktober. 
Heute Nachmittag bei Mommsen in Charlottenburg, der mir die 
Gründe auseinandersetzte, warum es nicht ratsam sei, das Werk der 
Inscriptiones latinae mit den Franzosen gemeinsam zu betreiben. Wenn 
die Franzosen unsern Gelehrten ihr Material geben wollten, so sei es gut, 
und dann würde dies bei Veröffentlichung des Werks erwähnt und das 
Werk als ein gemeinschaftliches bezeichnet werden. Geben sie aber ihr 
Material nicht, so würden er und die hiesige Akademie allein vorgehen. 
Am Schlusse bat er mich noch dafür zu sorgen, daß bezüglich des Aus- 
leihens der Bücher aus der Nationalbibliothek von der Botschaft keine 
Schwierigkeiten gemacht würden. Ich versprach es, soweit es erlaubt 
sei, zu tun. 
Abends bei Bismarck, der mir mitteilte, er habe einen langen Brief 
an Kardinal Nina abgeschickt und darauf hingewiesen, man solle nicht 
gegenseitig das Aufgeben von Prinzipien verlangen, sondern einmal in 
Verkehr treten. Die Schwierigkeiten würden sich dann von selbst vermindern. 
Berlin, 16. November 1878. 
Infolge erhaltener Einladung begab ich mich gestern um 2 Uhr auf 
den Lehrter Bahnhof, um mit dem Kronprinzen zur Jagd nach Springe 
zu fahren. Dort fand ich Pleß, Heintze, Minister Eulenburg, Podbielski
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.