Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

260 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
und einige andre Herren. Ich wurde eingeladen, bis Gardelegen mit in 
dem königlichen Wagen zu fahren. Hier fand ich außer dem Kronprinzen 
die Prinzen Karl, Friedrich Karl und den Prinzen August u. a. Der 
Kronprinz nahm mich mit in sein Kabinett und wir sprachen über ver- 
schiedenes, Frankreichs Annäherung an England, Ausstellung u. s. w. Der 
Kronprinz klagte, daß sich der Kaiser in die Geschäfte mische, und daß es 
so nicht fortgehen könne. Er wünscht, daß der Kaiser die Geschäfte ganz 
übernehme. (Darüber bestehen aber verschiedene Ansichten, und es wird 
viel für und gegen die Wiederübernahme intrigiert.) In Gardelegen setzte 
ich mich in Stolbergs Wagen, der an meine Stelle zum Kronprinzen ging. 
Wir kamen nach Hannover, wo sich Prinz Albrecht anschloß. Generale 
und Oberpräsident standen im Paradeanzug im Wind am Waggon. Von 
Hannover dauerte es noch drei Viertelstunden, bis der Zug in Springe 
ankam. Dort wateten wir durch Schmutz zu den Wagen, die uns in zehn 
Minuten nach dem Jagdschloß brachten. Wir, d. h. das Gefolge, wohnten 
im Kavalierhaus, die Prinzen im Schloß. Um 7 Uhr großes Diner, 
nachher Poule am Billard, wo der Kronprinz gewann. Heute früh um 
8 Uhr Aufbruch zur Jagd. Ich ging mit dem Kronprinzen zu Fuße nach 
dem Rendezvous im Park. Dieser ist sechstausend Morgen groß und mit 
einer Mauer umgeben. Wir stiegen einen ziemlich steilen Berg hinauf in 
einem schönen Buchenwald. Das Wetter war leider schlecht, viel Wind 
und etwas Regen. Oben wurden die Schützen verteilt. Ich kam an einen 
Platz, der gut schien, aber ich hatte keinen Anlauf und keine Gelegenheit 
zum Schießen. Dann wieder Versammlung der Schützen in einem Zelt, 
wo gefrühstückt wurde. Hier begrüßte ich Bennigsen, der in großen grauen 
Gamaschen erschienen war. Wir sprachen von Politik, und er bat mich 
dringend, ja zum Reichstag zu kommen, da ich der einzige sei, der zwischen 
den Nationalliberalen und dem Reichskanzler vermitteln könne. Merk- 
würdigerweise hat der Reichskanzler mir den gleichen Wunsch ausgedrückt. 
Nach dem Frühstück zweiter Trieb. Ich stand zwischen Eulenburg und 
Prinz Albrecht, neben Prinz Albrecht der Kronprinz. Es kam viel Wild. 
Doch schoß ich im Anfang schlecht, weil ich immer mehr auf den Kron- 
prinzen als auf die Sauen achtgab. Nachher verlor sich meine Sorge, 
und ich schoß fünf bis sechs Stück, die liegen blieben, und auf viel vorüber- 
laufendes Zeug. Nach der Jagd Rückfahrt ins Schloß. Diner um 
½4 Uhr. Große Strecke bei Fackelbeleuchtung mit Hornsignalen vor dem 
Schloß. Dann Rückfahrt nach Berlin. 
Paris, 11. Januar 1879. 
Die Winterfreuden beginnen wieder. Heute war Diner bei der 
Königin Isabella. Ich fuhr um 7 Uhr vom Hause und kam etwas nach 
1/4 an wegen des Schnees. Ich fand da die Prinzessin Mathilde, einen
	        
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