Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 281
Paris, 4. November 1879.
Bei meiner Ankunft in Paris am vergangenen Sonntag (2. November)
wurde ich durch die unbequeme Nachricht überrascht, daß der Großherzog
und die Großherzogin von Weimar noch hier seien und noch hier zu
bleiben gedächten. Da sind denn Diners und Laufereien in Aussicht. Ich
hörte zu Hause durch Wesdehlen, die Großherzogin sei an diesem Tage
in Chantilly, ein Besuch also nicht nötig. Nachmittags zu Waddington
und zur Fürstin Urussow. Abends zu Hause. Den folgenden Tag,
Montag, Visite bei Großherzog und Großherzogin. Ersterer fragte mich,
ob er zu Grévy gehen solle. Ich setzte ihm in feierlicher Weise die
Gründe auseinander, die für einen solchen Entschluß sprächen. Damit
war Seine Königliche Hoheit einverstanden. Nun wagte ich zu bemerken,
die höchsten Herrschaften pflegten zwischen 1 und 2 Uhr zu dem Präsi-
denten zu fahren. Das ging nun nicht, und so wurde ½4 Uhr bestimmt.
Ich ging sofort zu Grévy, dem ich ohnedies meinen Besuch machen mußte.
Als ich ihm von dem Besuche sprach, meinte er, ob ich den Großherzog
nicht eine Stunde später bringen könne, da er gerade mit Bonnat verab-
redet habe, für sein Porträt von 2 bis 4 Uhr zu sitzen. Ich war damit
einverstanden, hütete mich aber, dem hohen Herrn diesen Vorschlag des
republikanischen Präsidenten mitzuteilen, sondern wählte einen andern Vor-
wand, um die Stunde des Besuchs zu verlegen. Dann nach Hause, wo
ich einen langen Besuch von Monsignore Czacki erhielt. Er behandelte
den Kulturkampf. Sein Aeußeres ist wenig vertrauenerweckend, aber er
ist sehr klug und gewandt. )
Um ½5 Uhr holte ich Seine Königliche Hoheit ab. Wir kamen ins
Elysée. Hier stand im Hofe eine Ehrenwache, die Adjutanten waren auf
der Treppe, und ich war ganz zufrieden, daß dem Großherzog ein an-
ständiger Empfang bereitet wurde. Als wir aber in den Salon traten,
war der gute Grévy nicht da. Der Großherzog sagte mit einem unver-
1) Notiz des Fürsten über das Gespräch mit dem päpstlichen Nunzius Mon-
signore Czacki: Versicherung der guten Intentionen des Papstes. Hoffnung auf
Ausgleich. Gefahren für den Staat. Dankbarkeit des Papstes, wenn ein Ausgleich
zustande käme. Versicherung, daß er nicht berufen sei, zu unterhandeln, so wenig
wie ich. Akademische Unterhaltung. Meine Bemerkung, daß sie jetzt zeigen sollen,
daß sie entgegenkommen wollen, indem sie Dinge ausführen, die sie tun können,
z. B. Anzeige. Das sei nicht möglich, ohne die Kurie dem Vorwurfe auszusetzen,
daß sie sich schwach zeige. Die Konzessionen müßten gleichzeitig und gegenseitig
sein. Meine Bemerkung, daß dies im Widerspruch stehe mit seinem eignen Vor-
schlage. Beharrt darauf. Austausch, Echange de bouquets, dann werde sich alles
kalmieren. Langsam, aber sicher, nicht übereilen, aber nicht zu lange zögern. Fehler
des Kardinals Antonelli, daß er Arnims Vorschlag eines Nunzius nicht an-
genommen habe. Botschafter in Rom.