Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

298 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
heute nicht weiter gehen. Wir verschoben also den weiteren Vortrag auf 
morgen. Zum Schluß und im Weggehen sagte ich, er wolle sich erinnern, 
daß er mir von seinen Feinden, insbesondere von der Beamtenopposition, 
gesprochen habe. Er habe mir verschiedene Male die Zahl seiner übrigen 
Feinde, Ultramontane, Hofschranzen, Fortschritt, Ausland, aufgezählt, da 
wäre ich nun der Meinung, daß doch die einzigen Leute, auf die er sich 
stützen könne, die Nationalliberalen seien. Deshalb sei ich bemüht ge— 
wesen, den Bruch zu verhindern. Das sei ja in gewisser Beziehung richtig, 
erwiderte der Fürst, aber die Kerle seien so dumm, daß nichts mit ihnen 
anzufangen sei. Darauf ging ich. 
Noch muß ich hinzufügen, daß er bei der Besprechung über Bennigsens 
Einfluß in der Kommission meinte, der wolle ihm nur den Bischofspara- 
graphen abändern. Darauf aber gehe er nicht ein. 
Berlin, 2. Juni 1880. 
Heute Vormittag machte ich dem alten Gortschakow meinen Besuch. Er 
war sehr frisch für seine dreiundachtzig Jahre, drückte sich sehr befriedigt über 
seine Unterredung mit Bismarck aus und sprach viel von seiner Gesund- 
heit und seinen Plänen für den Sommer und den nächsten Winter. 
Um ½4 Uhr fuhr ich zum Bahnhof. Dort traf ich Fürst und 
Fürstin Bismarck, wir setzten uns in dasselbe Coupé und fuhren nach 
Potsdam und von da im Wagen nach Babelsberg. Dort fanden wir 
Redern, die Hofmarschälle, die Adjutanten und Hofdamen. Bald darauf 
erschien der Hausminister Schleinitz und verkündete feierlich, daß die Ver- 
lobung des Prinzen Wilhelm mit der Prinzessin Augusta Viktoria von 
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg soeben stattgefunden habe. 
Bald darauf kamen auch die höchsten Herrschaften. Der Kaiser führte die 
Braut herein, die recht frisch und graziös aussah und vom Kaiser zu den 
anwesenden Würdenträgern geführt wurde. Der Kronprinz und die Kron- 
prinzessin waren sehr vergnügt. Der junge Herzog von Augustenburg, 
der zum ersten Male Militäruniform trug, schien sehr glücklich. Die 
Braut gefiel sehr gut. Der Kronprinz beklagte sich bei mir über die Un- 
freundlichkeit, mit der die Verlobung von den andern preußischen Prinzen 
und Prinzessinnen aufgenommen worden sei. Man ging dann zur Tafel. 
Mir gegenüber saß Bismarck mit Gräfin Schleinitz, neben mir ein Major, 
bei dem der junge Herzog in Dresden wohnt. Wir sprachen viel von 
Gymnasialerziehung u. s. w. Während der Tafel brachte der Kaiser die 
Gesundheit des Brautpaars aus. Nach Tisch sprach ich noch mit der Braut, 
die sich, seit ich sie nicht gesehen habe, sehr herausgemacht hat. Sie war 
in dieser für sie sehr schwierigen Situation sehr nett und taktvoll. Als 
wir zur Bahn fuhren, ich im Wagen mit Albedyll, Wilmowski und Lehn-
	        
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