Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 305 
vorher zu sehen, ist nicht nur ein geschäftliches Bedürfnis für mich, son- 
dern es würde meiner Frau und mir die größte Freude machen, wenn 
Eure Durchlaucht uns hier mit Ihrem Besuche beehren wollten. Meine 
vorübergehend gehegte Absicht, noch in dieser Woche für einige Tage nach 
Berlin zu gehen, muß ich leider aufgeben, weil das Unwohlsein, welches 
mich in der vorigen Woche befallen hat, noch nicht gehoben ist. Jeden- 
falls aber darf ich darauf rechnen, daß ich vor Eurer Durchlaucht Rück- 
kehr nach Paris Gelegenheit haben werde, Ihnen mündlich den Ausdruck 
meiner herzlichen Dankbarkeit für die freundschaftliche und wirksame Weise 
zu wiederholen, in welcher Eure Durchlaucht mir den Sommer hindurch 
Ihren Beistand gewährt haben. Ich verbinde damit die Hoffnung, daß 
ich auch in analogen Fällen wieder auf denselben rechnen darf und daß 
Eurer Durchlaucht Gesundheit bald dauernd Ihnen die gewohnte Rüstig- 
keit im Kabinett und auf der Jagd wieder ersetzen wird. 
An den Redakteur der „National-Zeitung" Dr. Dernburg. 
Rauden, 14. November 1880. 
Euer Hochwohlgeboren erlaube ich mir anliegend zwei Zeitungsaus- 
schnitte zu übersenden, die jenes Gewebe von Erfindungen über die an- 
gebliche Kanzlerkrisis fortspinnen, das vor einiger Zeit in den Blättern 
auftauchte. Es ist an diesem angeblichen Gewitter im Auswärtigen Amt 
auch nicht die Spur von Wahrheit, die „unvermutet rasche Beendigung“ 
meiner Funktionen in Berlin hatte keinen Grund als meine Erkrankung. 
Wenn ich nun nach zu erwartender vollständiger Genesung nicht wieder 
in das Auswärtige Amt eintrete, so liegt das daran, daß eine längere 
Dauer meines Kommissoriums als bis gegen Ende des Jahres überhaupt 
nicht in Aussicht genommen war. Das Zusammentreffen der Abberufung 
des Herrn von Radowitz mit meiner Rückkehr nach Paris bedarf keiner 
weiteren Erklärung. Wenn das „Tageblatt“ auch die angebliche Familien- 
konferenz in Rauden mit den beregten Vorgängen in Verbindung bringt, 
so hört doch alles auf. Ich wundere mich, daß die vier Brüder nicht auch 
beauftragt sein sollen, die Dulcignofrage in Ordnung zu bringen. Viel- 
leicht haben Sie, wie Sie das mitunter nach mündlichen Unterredungen 
zu tun pflegten, die Güte, die Tatsachen mit einigen Worten richtigzu- 
stellen. Ich meine aber, daß man die Familienzusammenkunft am besten 
mit Stillschweigen übergeht. 
Journal. 
Friedrichsruh, 26. November 1880. 
Nachdem ich gestern Abend hier angekommen, wo ich Schweinitz fand, 
der noch in der Nacht abreiste, sprach ich heute mit dem Reichskanzler 
Fürst Hohenlohe, Denkwürdigkeiten. II 20
	        
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