Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 313 
Man schreibt Beust folgenden Quatrain zu, den er aber nicht gemacht 
haben will: 
„Si pour EGviter la guerre 
11 est utile de braire, 
On doit prier M. St. Hilaire 
De faire une circolaire.“ 
Paris, 29. Juni 1881. 
Gambetta, den ich heute aufsuchte, sprach über den englisch-französi- 
schen Handelsvertrag und meinte, er halte die Tariffragen für weniger 
wichtig als die Aufrechterhaltung der Handelsbeziehungen und hoffe, daß 
man schließlich doch zu einem Resultat kommen werde. Die Kammer 
werde Gelegenheit haben, sich bei der Beratung des Verlängerungsantrags 
über die Zollfrage auszusprechen. Die schutzzöllnerische Richtung sei be- 
sonders im Senat vertreten, den dürfe man aber in dieser Sache nicht 
zum Führer nehmen. Von dem Scrutin de liste sagte er, der sei für die 
nächste Legislaturperiode unmöglich. Man müsse die Frage jetzt beruhen 
lassen. Gerade die Anhänger des jetzigen Wahlmodus aber würden keinen 
Vorteil von der Verwerfung des Scrutin de liste haben, denn die radikale 
Partei werde an Sitzen gewinnen. Ueber die morgen stattfindende Inter- 
pellation ) sagte Gambetta, daß sie zu nichts führen werde, nur zu Tra- 
kasserien. Es scheint also richtig, wenn man sagt, daß Gambetta dem 
Albert Grévy nicht zu Leibe gehen will. 
Den 12. Juli. 
Waddington erzählte mir vor einigen Tagen von der Debatte über 
den Scrutin de liste im Senat. Seine Kollegen hätten sich besonders 
über seinen Mut gewundert, daß er es wage, Gambetta entgegenzutreten, 
vor dem sie alle à quatre pattes lägen. Gesiegt habe er nur, weil er 
die Sache so rasch als möglich zur Entscheidung gebracht habe. Hätte es 
noch vierzehn Tage gedauert, so würde Gambetta die Majorität noch herum- 
gebracht haben, denn er hätte außerordentlich gewühlt. 
Gestern war ich bei dem Nunzius. Der Nunzius sah sehr elend aus 
und roch nach den vésicatoires, die er auf dem Leibe hatte. Auch die 
liegen in seinem Zimmer waren matt und klebten. 
Paris, 15. Juli 1881. 
Gestern war also das Fest des 14. Juli zur Erinnerung an den Tag, 
wo der Pariser Pöbel einige unschuldige Soldaten und Offiziere umbrachte 
und die Bastille zerstörte, in die gar niemand mehr eingesperrt worden 
  
1) Wegen der Zustände in Algier und der gegen den Generalgouverneur Albert 
Grévy, den Bruder des Präsidenten, erhobenen Vorwürfe.
	        
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