334 Botschafter in Paris (1874 bis 1885)
Ueberhandnehmen während einiger Zeit in Afrika, was aber jetzt besser
geworden sei. Im allgemeinen fand ich in Thibaudin einen ruhigen,
anständigen, ernsten Mann. Daß er im Jahre 1870 sein Ehrenwort
gebrochen hat, ist freilich schlimm.
Paris, 6. April 1883.
Professor Krauß aus Freiburg war heute bei mir. Er ist noch sehr
verstimmt darüber, daß er nicht Bischof von Trier geworden ist, und erzählte
mir darüber folgendes: Der Kaiser habe ihm gesagt, daß er Bischof von
Trier werden solle. Nun habe aber in jener Zeit der Papst Korum zum
Koadjutor von Straßburg präkonisiert. Als dies Erzbischof Raeß dem
Feldmarschall Manteuffel anzeigte, protestierte dieser und sagte, er könne
einen Geistlichen, der französisch kompromittiert sei, nicht brauchen, und
weigerte sich, die Genehmigung des Kaisers einzuholen. Darauf sei man
in Rom in Verlegenheit gewesen, was man mit dem präkonisierten Koad-
jutor machen solle, und habe ihn durch den Nunzius in München und
durch Werthern dem Reichskanzler zum Bischof von Trier empfehlen lassen.
Bismarck, der gehofft habe, dadurch die Elsässer bei den Wahlen günstig
zu stimmen, habe sich dazu bereit finden lassen, Korum für Trier in Vor-
schlag zu bringen, und habe Goßler und Puttkamer, die damals in Ems
gewesen, beauftragt, die Zustimmung des Kaisers zu erholen. Die beiden
Herrn seien zum Kaiser gekommen, als gerade die Operation der Kaiserin
stattfand, und da habe der Kaiser, ohne zu lesen, dessen Ernennung ge-
nehmigt. Später sei der Kaiser darüber sehr erzürnt gewesen. Aber da
war es zu spät. So habe man Korum in Trier und nun auch Herzog
in Breslau, zwei Feinde. Krauß sagt, er höre, man wolle die akademische
Bildung der Geistlichen gegen die Anzeigepflicht aufgeben, was Krauß als
einen großen Fehler bezeichnet. Daß Jacobini seit dem Tode des Kar-
dinals Franchi zu den Jesuiten übergegangen sei, behauptet Krauß als
sicher. Der Artikel der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ über Ledo-
chowski ist durch eine Mitteilung veranlaßt, die Krauß dem Großherzog
von Baden gemacht hat und worin auf die Gefahr des Wohnens Ledo-
chowskis im Vatikan aufmerksam gemacht und die Notwendigkeit hervor-
gehoben wurde, Ledochowski aus dem Vatikan zu entfernen und Jacobini
durch einen andern Staatssekretär zu ersetzen. Aber der Artikel sei so
ungeschickt gewesen, daß Ledochowski erst recht im Vatikan bleibe.
Paris, 11. April 1883.
Ich hatte heute Abend Gelegenheit, mit General Thibaudin über die
projektierten und abgeänderten Manöver an der Grenze zu sprechen und
sagte dem General, daß ich mich freue, daß diese Manöver geändert worden