Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

342 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
Friedrichsruh, 26. Oktober 1883. 
Infolge einer telegraphischen Aufforderung des Reichskanzlers kam 
ich heute Abend hier an. Der Fürst sah gut aus, klagte aber, daß er 
noch nicht recht arbeitsfähig sei. Ich erzählte vom Kardinal, erklärte, 
was zu erklären war, und wurde freundlich und teilnahmsvoll angehört. 
Dem Wunsch, ihn hier oder in Berlin zu sehen, begegnete ich nicht. Der 
Fürst verhielt sich schweigend, aber freundlich. Mir scheint, daß ihm der 
Besuch jetzt nicht in seinen Kram passen würde. Dann kam ein langer 
Brief des Kronprinzen über dessen spanische Reise,"!) auf den der Fürst 
gleich antwortete. Um ½10 Uhr ging er zu Bett. Ich ging später noch 
zum Tee zur Fürstin hinunter, um mit ihr und Rantzau zu sprechen. 
Friedrichsruh, 27. Oktober 1883. 
Heute Vormittag kam der Reichskanzler zu mir und sprach von dem 
Brief, den er gestern vom Kronprinzen erhalten hat. Der Kronprinz will 
nach Spanien, was der Reichskanzler befürwortet. Nun will aber auch 
die Kronprinzessin mit, was, wie Fürst Bismarck meint, der Kaiser nicht 
zugeben werde. Auch will der Kronprinz den Grafen Hatzfeld mitnehmen. 
Darüber ist der Fürst empört. Wie man nur einen solchen Gedanken 
fassen könne! Da würde es gleich heißen, daß wir so desperate Dinge in 
Madrid zu verhandeln haben, daß durchaus der Minister des Aeußern 
mit dabei sein muß. Es wäre ja gerade so, als wenn bei einer Reise 
des Prinzen von Wales Lord Granville mitginge. „Das sieht aber Hatz- 
feld ähnlich,“ fuhr Bismarck fort, „das ist seine Faulheit! Ueberhaupt 
tut er zu wenig u. s. w., läßt mémoires schreiben und ich muß die Kon- 
zepte korrigieren.“ Ich ließ den Fürsten reden, weil ich fürchtete, daß er 
durch Widerspruch nur irritierter werden würde. „Ueberhaupt,“ sagte der 
Fürst, „wünsche ich von den Geschäften frei zu werden. Ich hätte schon 
1877 abgehen sollen, vielleicht wäre ich jetzt ein gesunder Mann. Ich 
kann nicht mehr arbeiten und bekomme gleich ein heißes Gehirn. Das 
kann zum Schlag führen.“ Ich meinte: „Vielleicht könnten Sie weniger 
arbeiten und es sich leichter machen. Die Hauptsache ist, daß Sie an der 
Spitze bleiben.“ Dagegen wandte er ein, das ginge nicht. Er könne nicht 
seinen Namen unter Dinge setzen, die nicht nach seinem Sinn redigiert 
seien. Dann kam er auf Frankreich. Als ich ihm sagte, Saburow habe 
mir erzählt, der Fürst mache eine „distinction entre le Comte de Paris 
et le Duc d’Aumale“, lachte er. Das sei wahr, aber damit sei nicht 
gesagt, daß wir unfre Politik änderten. Wir seien gegen die Monarchie 
  
1) Welche als Antwort auf die Beleidigungen des Königs Alfons in Paris 
projektiert war und in der Zeit vom 17. November bis 14. Dezember stattfand.
	        
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