Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

346 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
Geldmarkt durch beunruhigende Gerüchte zu ängstigen, was ihnen denn 
auch gelinge. 
Ueber die hiesigen Zustände äußerte sich Orlow beruhigt. Er sagt, 
die Orleans hätten wenig Aussicht, und er spottete über die Nachrichten, 
welche Herr von Bleichröder von seiner Reise nach Paris nach Berlin 
gebracht und die er einem Berichte des Herrn von Saburow entnommen 
habe. Fürst Orlow sagt, Bleichröder sei der Ausdruck der Ansichten des 
Rothschildschen Hauses, und die Rothschilds seien befangen durch die legi- 
timistische und orleanistische Umgebung, in der sie lebten, und machten sich 
Illusionen. Eher hätten noch die Bonapartisten Chancen. 
Jules Ferry war heute früh bei mir. Ich beglückwünschte ihn zu 
seinem Sieg,!) und er meinte, die große Majorität, die er erhalten habe, 
gebe dem Ministerium die notwendige Stabilität. Er sieht, wie Grévy, 
die Gefahr in den Intransigenten, und auch er hält eine monarchische 
Restauration für unmöglich. Eine solche würde mit denselben Schwierig- 
keiten zu kämpfen haben, mit denen die gegenwärtige Regierung kämpfe, 
und bekomme noch einige mehr. Als Beispiel der Gefahren der Intran- 
sigenten zitierte er die Szenen beim Empfang des Königs von Spanien. 
Dabei bemerkte er, dem König sei die Sache gar nicht unangenehm ge- 
wesen, da er sich wohl vergegenwärtigt habe, welchen Nutzen er davon zu 
Hause haben könne. Challemel-Lacour werde nicht abgehen, sondern sich 
auf einige Zeit nach Cannes begeben und sehen, ob er Heilung finde. 
Während der Zeit werde er das Interim führen. Eine Aenderung in den 
Botschafterposten sei nicht beabsichtigt. 
Paris, 7. November 1883. 
Challemel-Lacour sagt, daß die Unterhandlungen zwischen der Re- 
gierung der Hovas?) und dem Admiral Galibert noch nicht wieder auf- 
genommen seien. Abgesandte von Tananarivo sind nach Tamatave ge- 
kommen, aber der General war abwesend. Frankreich ist bereit, sich mit 
den Hovas zu verständigen. Challemel-Lacour erkennt an, daß es kein 
Vorteil für Frankreich sein würde, Tamatave zu besetzen. Ich fragte dann 
nach der englischen Mediation in der chinesischen Streitfrage. Davon ist 
dem Minister nichts bekannt. Die Dinge liegen noch so, wie sie lagen, 
als ich wegging. Der Minister behauptet, er wisse noch immer nicht, mit 
wem er unterhandeln solle. Dabei klagte er über die chinesische Doppel- 
züngigkeit. 
1) Das Vertrauensvotum der Kammer (339 gegen 160 Stimmen) in der Debatte 
über Tongking. 
2) In Madagaskar.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.