Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 347 
Berlin, 22. Januar 1884. 
Abreise von Paris den 16. Abends, Ankunft in Berlin den 17. um 
8 Uhr. Viktor und Philipp Ernst und Chariclée 1) auf der Bahn. Souper 
bei Philipp Ernst. Den 18. Kapirel des Schwarzen Adlerordens, Nach- 
mittags 5 Uhr Diner bei Hof mit verschiedenen Ordensrittern. Abends 
im Zirkus Renz. Den 19. (Sonnabend) Besuche erhalten und gemacht. 
Diner beim Kronprinzen. 
Sonntag Ordensfest von 11½ bis 4 Uhr. Dann Besuche und Abends 
in der Straußschen Oper mit allen Verwandten. 
Montag früh zu Hatzfeld, der mir einen Brief seines Vetters Her- 
mann aus Rom vorlas, worin u. a. die Stelle vorkommt, der Papst habe 
ihm gegenüber geäußert, als Hardenberg in Rom gewesen sei, seien alle 
Schwierigkeiten sofort beigelegt worden. Am Ende bildet sich Leo X III. 
ein, daß Bismarck nach Rom kommen wird! 
Friedrichsruh, 23. Januar 1884. 
Gestern Nachmittag bei dem Kaiser, der mich über die Verfassungs- 
revision in Frankreich?) ausfragte und über meinen Vortrag sehr befriedigt 
war. Er sprach dann noch über Rußland und die russischen Rüstungen. 
Nachher fuhr er zu Marie, wo er lange blieb. 
Heute früh zu Friedberg. Er erzählte manches über die spanische 
Reise des Kronprinzen, über die Bemühungen gewisser Leute, Kronprinz 
und Kanzler zu entzweien. Daß ich nach Friedrichsruh fahre, hält er für 
nötig. Um 12½ Uhr zum Frühstück zum Kronprinzen. Er sprach mit 
Sympathie von den Orleans, die Kronprinzessin auch. Der Duc de Mont- 
pensier hatte den Kronprinzen im Auftrage des Grafen von Paris ver- 
sichert, daß er sehr friedliche Gesinnungen hege und nie Krieg führen werde, 
wenn er König werden sollte. Ich wandte dagegen ein, daß ich nicht an 
der friedlichen Gesinnung der Prinzen von Orleans zweifelte, daß ich aber 
daran festhielte, daß die Monarchie Frankreich stärken und allianzfähiger 
machen werde und daß die Monarchie unfre Allianzen bedrohen würde. 
Das glaubt auch der Reichskanzler namentlich bezüglich Oesterreichs, wenn 
er auch beifügte, daß wir uns in diesem Falle um so fester an Rußland 
anschließen würden. Nach dem Frühstück blieb ich noch eine Zeitlang bei 
dem Kronprinzen, der sich sehr günstig über den König von Spanien 
äußerte und meinte, dieser werde Spanien regenerieren, wenn er sich halten 
  
1) Die Schwiegertochter des Fürsten, geborene Prinzessin Bypsilanti. 
2) Jules Ferry hatte am 30. Dezember 1883 in der Kammer erklärt, das 
kommende Jahr müsse konstitutionelle Reformen bringen und die Regierung werde 
die Revision der Verfassung beantragen. Am 8. Januar 1884 hatte Andrieux einen 
Antrag auf Berufung einer Konstituante angekündigt.
	        
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