Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

350 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
An den Reichskanzler. 
Paris, 22. Juni 1884. 
Ein früherer, hier sehr bekannter Diplomat erzählte mir heute 
folgendes: 
„Ich war vor einigen Tagen bei meinem Freunde, dem Duc Decazes, 
der mir sagte, die Zeit sei nicht mehr fern, wo Frankreich der Republik 
überdrüssig werden und die Monarchie wiederhergestellt werden würde. 
Es sei alles vorbereitet, und es bedürfe dazu nur eines Monk, „und den 
haben wir bereits, fügte er hinzu. Ich fragte nicht nach dem Namen, 
zweifle aber nicht, daß er damit Gallifet meinte. Eine Unterredung, die 
ich dann mit Gallifet hatte, bestätigte mich in meiner Vermutung. Der 
General sagt, die Bevölkerung Frankreichs fürchte sich vor dem Kriege 
und glaube zurzeit noch, daß Deutschland Frankreich den Krieg erklären 
werde, wenn die Monarchie an die Stelle der Republik trete. Dies sei 
früher richtig gewesen; jetzt nicht mehr. Die Ansicht des Fürsten Bismarck 
habe sich geändert. Seine Kaiserliche Hoheit der Kronprinz wie Fürst 
Bismarck erblickten in der Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich 
keine Gefahr mehr. Es komme nun nur darauf an, daß sich diese Ansicht 
offen manifestiere. Der General ist der Meinung, daß es nur eines die 
republikanische Regierung angreifenden Artikels in der „Kölnischen Zeitung- 
bedürfe, um die französische Bevölkerung der Republik zu entfremden und 
mit der Monarchie auszusöhnen. Ein solcher Artikel unmittelbar vor den 
Wahlen werde zur Folge haben, daß Frankreich eine konservative Kammer 
erhalte. Sei diese einmal beisammen, so beginne seine, des Generals, 
Rolle als exécuteur de la volonté nationale“. Die republikanische 
Partei werde zwar heftige Opposition machen, er werde aber damit fertig 
werden, da er entschlossen sei, die Führer aufzuhängen. Frankreich müsse 
achtzehn Monate ohne Kammer und ohne Preffreiheit regiert werden, 
dann könne der Graf von Paris kommen „avec son parapluie“ und 
liberal regieren. Ich glaube nun zwar, daß General Gallifet übertreibt 
und es mit der Wahrheit nicht genau nimmt; aber ich habe mich auch 
sonst überzeugen können, daß hier viel konspiriert wird, und fange an zu 
glauben, daß die Republik nicht mehr lange dauern wird. Gallifet meinte, 
in zwei Jahren werde er seine Rolle gespielt haben.“ Soweit mein 
Gewährsmann, der noch die Bemerkung machte: „Wenn übrigens Gallifet 
fortfährt, seine Pläne so unbefangen kundzugeben, so wird man ihn 
wohl früher unschädlich machen.“ 
Aus vorstehenden Aeußerungen geht hervor, wie sehr die mon- 
archistische Partei wünscht, Deutschlands Unterstützung zu gewinnen, und 
wie sie überzeugt ist, daß die Republik sich nur durch das Wohlwollen 
Deutschlands erhält.
	        
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