Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

  
Siebentes Buch 
Straßburg 
1885 bis 1894 
  
  
  
GFürn Hohenlohe verließ Paris am 11. Oktober 1885 Abends und be- 
gab sich zunächst nach Baden, wo er die Leitung der Geschäfte des 
Statthalters übernahm und die Vorträge des Staatsministers von Hof- 
mann entgegennahm. Nach einem Aufenthalt in Aussee traf er am 
5. November 1885 in Straßburg selbst ein. Am 6. November begrüßte 
ihn die Studentenschaft durch eine feierliche Auffahrt. Bei dem Kommers, 
welcher am Abend dieses Tags stattfand, erwiderte der Fürst auf die 
Festrede: 
Meine Herren! Als ich heute für die in Gestalt einer feierlichen 
Auffahrt mir erwiesene Ehrenbezeugung der Studentenschaft meinen Dank 
aussprach, da konnte ich denselben nur an eine beschränkte Zahl Ihrer 
Kommilitonen richten. Jetzt, wo mir das Glück zuteil wird, die gesamte 
Studentenschaft Straßburgs um mich versammelt zu sehen, wiederhole ich 
diesen Dank auf das herzlichste. Ich gestehe, daß mich Ihre ehrende 
Kundgebung überrascht hat; ist es mir doch noch nicht vergönnt gewesen, 
mir Verdienste um diese Universität zu erwerben. Aus den Worten aber, 
welche Ihr Redner eben in Ihrem Auftrage an mich gerichtet hat, darf 
ich entnehmen, daß Ihre Kundgebung nicht allein dem neu einziehenden 
Statthalter gilt, sondern auch dem politischen Arbeiter, der an den großen 
Ereignissen unsers Vaterlandes in den letzten zwanzig Jahren tätigen An- 
teil genommen hat. Und darin liegt für mich das Bedeutungsvolle Ihrer 
Ehrenbezeugung. Denn, meine Herren, ich schätze das Urteil der Jugend, 
zumal der akademischen, sehr hoch. Die Jugend urteilt mit dem Maß- 
stabe des Idealen, und sie urteilt freier, unbefangener und schärfer als 
das gereifte Alter, das ja oft durch Rücksichten beschränkt wird. Ich will 
nun damit nicht sagen, daß Sie das Urteil des gereiften Alters gering, 
achten sollen; das liegt mir ferne. Ich weiß das Urteil erfahrener 
Männer wohl zu würdigen. Wohltuender ist mir aber der zustimmende 
Blick, der begeisterte Zuruf der Jugend. Beides ist mir heute zuteil ge- 
worden, und für beides danke ich Ihnen. Die Erinnerung an diesen 
Abend, an diese Tage wird mich begleiten in dem Berufe, den ich an- 
getreten habe, in dem Berufe, das Wohl dieses Landes zu fördern. Sie, 
meine Herren, die dieses Land gastlich aufgenommen hat, deren schönste 
Lebenserinnerungen mit diesem Lande verknüpft bleiben werden, Sie
	        
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