Straßburg (1885 bis 1894) 375
fuhren wir durch die sogenannten Landes, die sich zwischen Bordeaux und
Biarritz ausdehnen. Lauter Kiefernjungholz. Man glaubt in Ober-
schlesien zu fahren oder bei Biala. In Biarritz war das schönste Wetter,
Sommerwärme, Sonnenschein und blaues Meer. In Hendaye kam der
deutsche Konsul von San Sebastian, meldete sich bei mir, besorgte mein
Gepäck in Irun und fuhr bis San Sebastian mit. San Sebastian ist sehr schön
gelegen. Man sieht die Vorberge der Pyrenäen, deren Ausläufer bis ans
Meer reichen. Dann ging es weiter durch die Berge. An den Bahn-
höfen Männer mit rasierten Gesichtern in Mäntel eingehüllt, Gendarmen
in schwarzen Gamaschen auch in Mänteln und dreieckigen Hüten. Mit-
unter ein schöner Blick in die Berge wie im Ennstal. In Miranda
große Table d'hote. Da es dunkel war und nichts mehr zu sehen gab,
spielte ich mit dem Rumänen Pikett und legte mich dann schlafen. Um
7 Uhr stand ich auf. Um 7½ Uhr Ankunft in Madrid, wo Solms
und Gutschmidt und der Introducteur des Ambassadeurs mich empfingen.
Ich habe ein gutes Quartier im Hotel de Rome.
8. Dezember 1885.
Nach der Ankunft im Hotel schrieb ich zuerst, dann legte ich mich
etwas zu Bett, um mich durchzuwärmen, stand aber bald auf, um
einen Spaziergang auf der Puerta del Sol und der Alcalastraße zu
machen. Da es großer Feiertag ist, so war alles auf den Beinen. Ich
ging in eine Kirche, wo gepredigt wurde. Die Menge war aber zu groß,
um da zu bleiben. Auf der Straße sah ich mir die Männer in ihren
Mänteln und die Frauen in ihren Schleiern an. Die besseren Stände
tragen aber europäisches Kostüm. Um 12½ Uhr frühstückte ich mit Gut-
schmidt und meinen Herren. Nachher kam Solms und holte mich ab, um
einige Visiten zu fahren bei Sagasta, dem Nunzius u. a. Nachher fuhr
ich auf den „Retiro“, eine Art Bois de Boulogne oder Allce des Acacias.
Am Ende ist eine prachtvolle Aussicht.
Den 9.
Gestern Abend aßen wir im Hotel. Ich hatte Solms und Gut-
schmidt eingeladen. Heute besuchte ich die Bildergalerie des Königlichen
Museums. Jedenfalls die großartigste Gemäldegalerie der Welt. Eine
Menge Murillo, Velasquez, Rubens, van Dyck, Rembrandt. Dann viele
J. Breughel, Teniers, Wouwerman und Snyders. Die beiden Raffael,
die ich heute gesehen, sprachen mich nicht sehr an. Morgen will ich die
andern Bilder ansehen, Goya und die italienische Schule. Ueberall sind
Meisterwerke. Man wird nach einiger Zeit ganz schwindlig, so viel hat
man zu bewundern. Denn rasch durchzugehen, ist unmöglich, weil alles
ungewöhnlich schön ist. Glücklicherweise war Gutschmidt mit uns, der uns