Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Straßburg (1885 bis 1894) 381 
Diese gute Meinung bringe ich auch Ihnen, meine Herren des Landes- 
ausschusses, entgegen; und weil ich dies tue, weil ich Vertrauen habe zu 
Ihrem gesunden Sinn und zu Ihrer politischen Erfahrung, darum unter- 
lasse ich es heute, Ihnen eine politische Rede zu halten, Ihnen ein Pro- 
gramm vorzutragen. 
Der jüngere Baron von Bulach bemerkte neulich mit Recht, es sei 
eine gefährliche Sache um Versprechungen. Ja, selbst der Staatsmann, 
der die Macht hat, seine Versprechungen zu erfüllen, wird wohl daran 
tun, damit sparsam zu sein, da er nicht weiß, ob ihm die Verhältnisse 
erlauben werden, sein Programm durchzuführen. Wer aber, wie ich, mit 
Faktoren zu rechnen hat, die über und außerhalb der Sphäre seiner Ein- 
wirkung stehen, der muß doppelt vorsichtig sein. Einer Ihrer Landsleute, 
ein hervorragender Politiker dieses Landes, mit dem ich kürzlich über das 
hie und da auftretende Verlangen nach einem Regierungsprogramm sprach, 
sagte mir: „Was Programm! Das beste Programm ist eine gute Ver- 
waltung.“ Ja, meine Herren, darin erblicke ich zunächst meine Aufgabe. 
Ich werde sie zu erfüllen trachten mit Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue 
und in dem Gefühl aufrichtigen Dankes für das Vertrauen, mit dem man 
mir in diesem Lande entgegengekommen ist. 
Journal. 
21. Februar. 
Heute bei Zorn von Bulach in Osthausen zum Diner. Hübsches 
altes Schloß. Freundlicher Empfang. Kopiöses Diner. Um 11 Uhr zu 
Hause. Der alte Zorn von Bulach sprach vom Straßburger Gemeinderat 
und riet dazu, die Wahlen vorzunehmen. Garantieren könne er nicht 
dafür, daß es gelinge, aber die Sache sei immer einen Versuch wert. 
Es scheint, daß allgemein der Wunsch nach dem Gemeinderat besteht. 
Im Ministerrat wurde gestern beschlossen, daß Hofmann vorsichtig Unter- 
handlungen anknüpfen solle.!) 
Straßburg, 17. März 1886. 
General Heuduck teilte mir gestern den Inhalt eines Schreibens des 
Kriegsministers mit, in welchem ihm bekanntgegeben wird, daß die 
  
1) Der Gemeinderat von Straßburg war infolge eines Konfliktes mit der 
Regierung im Jahre 1873 suspendiert, im April 1874 aufgelöst worden. Dem 
Verwalter des Bürgermeisteramts Back waren auf Grund des Gesetzes vom 
24. Februar 1872 die Befugnisse des Gemeinderats übertragen worden. Bei der 
im Jahre 1886 bevorstehenden Erneuerung aller Gemeinderäte des Landes wurde 
die Frage erörtert, ob es an der Zeit sei, auch für Straßburg Neuwahlen auszu- 
schreiben und auf diese Weise die Wiederherstellung einer normalen städtischen 
Verwaltung zu versuchen.
	        
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