Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

384 Straßburg (1885 bis 1894) 
das Gymnasium, wo ich in der Aula durch eine Rede des Direktors be- 
grüßt wurde, die ich mit anerkennenden Worten für den tüchtigen Direktor 
Pelzer beantwortete. Dann in das Spital, wo ich einige Kranke nach 
ihrem Befinden fragte und mit der Oberin sprach. In einem Neben- 
gebäude waren die Waisenkinder aufgestellt. Hier wieder Bukett und 
Gedicht. Den Schluß der Besuche bildete das Museum, wo ich unter 
anderm einen interessanten Kupferstich fand, Cagliostro darstellend, der 
seinerzeit hier bei dem Kardinal Rohan sich aufgehalten hat. Um 5 Uhr 
Fahrt auf die Burgen Hohbarr und Groß-Geroldseck. Schöne Waldfahrt, 
aber wenig Aussicht wegen nebligen Wetters. Abends ½8 Uhr Diner 
in der „Sonne,“ dreiunddreißig Personen. Ich trank zuerst auf den 
Kaiser, dann toastete der Bürgermeister auf mich, worauf ich auf das 
Wohl und Gedeihen der Stadt Zabern trank. Nach dem Diner kamen 
der Schützenverein, der deutsche Gesangverein und andre. Erst Fackelzug, 
dann Vortrag von Liedern. Ich ließ die Vorstände der Vereine herauf- 
kommen, dankte ihnen und gab ihnen Champagner zu trinken. Um 
10 ½ Uhr fuhr ich wieder in die Kreisdirektion, wo ich ein sehr gutes 
Nachtquartier hatte. 
6. Juni 1886. 
Dem Programm entsprechend fuhr ich gestern früh 9 Uhr mit dem 
Kreisdirektor, Thaden und Sommer in die verschiedenen Ortschaften, deren 
Besuch der Kreisdirektor vorgeschlagen hatte. Zuerst hielten wir in 
einem nahe bei Zabern gelegenen Dorfe Monsweiler. Hier standen die 
Schulkinder aufgestellt, begleitet von ihren Lehrern und Lehrerinnen; ein 
Kind übergab einen Blumenstrauß und hielt eine Begrüßungsanrede. 
Nachdem ich mich mit den Anwesenden unterhalten hatte, fuhren wir 
weiter. Das nächste große Dorf, wo wir hielten, war Ernolsheim. Hier 
wieder Schulkinder, Gedichte, Anreden. Der Gesangverein des Orts, den 
der Schullehrer dirigierte, sang ganz anständig, lauter Bauernburschen. 
Der protestantische Pfarrer soll sehr tüchtig sein, er fiel mir durch seinen 
blonden Vollbart auf. Der Ortt ist reich, die protestantische Bevölkerung 
fleißig und musterhaft. In Dossenheim dieselbe Zeremonie und Besuch 
der Kirche, die auf den Mauern eines alten Tempelherrnschlosses erbaut 
ist. Nun kamen wir nach Neuweiler, einem großen Marktflecken. Hier 
waren zwei Reihen Schulkinder aufgestellt, Schulschwestern, Lehrerinnen 
und Lehrer dazwischen. Sofort die üblichen Gedichte, von weißgekleideten 
Mädchen vorgetragen. Ein dickes, mit einem reichen Anzug von Spitzen 
oder dergleichen hielt die Anrede. Dann setzte ich mich in Bewegung, um 
die Kirchen zu besuchen. An der Spitze eine Blechmusik, nach dieser Schul- 
kinder mit den Schulschwestern und Lehrerinnen, vor mir drei weißgekleidete
	        
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