Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

388 Straßburg (1885 bis 1894) 
die mir eine Karte geschickt hatte, fand sie aber nicht zu Hause. Der Kaiser 
hatte mich aufgefordert, ins Theater zu kommen, schickte mir aber dann 
Lehndorff, um mir zu sagen, er habe die Landestrauer vergessen und dis- 
pensiere mich davon. Der Kaiser ist immer voll Aufmerksamkeit. 
Straßburg, 13. August 1886. 
Es wird mir von Berlin geschrieben, daß unter den Militärs in 
Elsaß-Lothringen Aufregung bestehe über die militärische Unsicherheit, die 
in den ganzen Reichslanden herrschen soll. Man dränge in den General 
Heuduck, die Sache bei den höheren (vermutlich militärischen) Instanzen 
anhängig zu machen. Mein Korrespondent hat während einiger Wochen 
Erkundigungen einziehen lassen und mir ein Resümee als dessen Ergebnis 
zugeschickt. Ob man über Schritte bei den höchsten Instanzen schlüssig 
geworden ist, konnte mein Korrespondent nicht erfahren. Ich erhielt diese 
Mitteilungen in Aussee. Was die Frage der Ausweisung der französischen 
Reserveoffiziere betrifft, so könnte eine solche Maßregel nicht ergriffen 
werden, ohne daß man vorher die Ansicht des Reichskanzlers einholt. 
Denn sie würde unbedingt zu Repressalien gegen die in Frankreich woh- 
nenden deutschen Reserveoffiziere führen. Was die Feuerwehren betrifft, 
so wird eine Reorganisation nicht umgangen werden können. Die Frage 
der Fremdenpolizei ist besonders jetzt, wo die Ankunft des Kaisers bevor- 
steht, genau zu prüfen, und Nachlässigkeiten in der Ausführung sind leicht 
zu korrigieren. 
Um meinerseits in der Sache klar zu sehen und etwaigen Beschwerden 
der Militärs jeden Augenblick die Spitze abbrechen zu können, wird es 
nötig sein, daß keine Ausweisung rückgängig gemacht wird, ohne daß mir 
in jedem einzelnen Fall Vortrag erstattet ist und daß zunächst die Aus- 
weisungen, welche die Unterbehörden verfügen, ohne Ausnahme in Kraft 
treten. 
Straßburg, 10. September 1886. 
Der Tag ist gut vorübergegangen. Um 12 Uhr war ich mit Thaden 
auf dem Bahnhofe, empfing den König von Sachsen und fuhr dann wieder 
zurück. Um ½3 Uhr fuhren wir, Marie und Elisabeth im Landauer, ich 
mit Thaden, zur Bahn. Zahlreiche Hofgesellschaft, Großherzoge, Fürsten, 
Generale. Als der Zug ankam, ging ich mit Heuduck dem Kaiser ent- 
gegen. Er gab mir die Hand, nahm dann von Heuduck den Rapport, 
und dann ging ich hinüber nach der andern Seite, um die Kaiserin zu 
begrüßen. Hierauf fuhren wir direkt nach Hause, um den Kaiser zu er- 
warten. Die Stadt war reich geschmückt. Als der Kaiser kam, stand ich 
mit dem Großherzog und den Generalen vor der Tür des Palais, Marie 
und Elisabeth oben am Eingang. Der Kaiser begrüßte erst diese und
	        
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