Straßburg (1885 bis 1894) 391
zeige sich doch mehr und mehr, daß der Kaiser die Sache nicht nach dem
Programm durchmachen könne. Man müsse dieses also modifizieren. Der
Kaiser dürfe keine großen Diners mitmachen, sondern müsse nur oben ein
kleines Diner mit den Prinzen abhalten und könne sich dann die Herren
von dem unten abzuhaltenden großen Diner holen lassen, mit denen er
sprechen wolle.
Auch bat mich Perponcher, ich möge dem Kaiser raten, Metz auf-
zugeben und lieber im Oktober, wenn es kühl geworden sei, von Baden
aus hinzufahren. Während des Tages kam ein Gewitter, und die Luft
kühlte sich ab, so daß ich abends beim Diner keinen Anlaß fand, dem
Kaiser den Rat zu erteilen. Nach dem Diner gingen wir in das Theater
und sahen ein ziemlich dummes Lustspiel. Ich komme mehr und mehr zu
der Ueberzeugung, daß Perponcher, Albedyll und Lehndorff die Schuld
tragen, daß überhaupt die ganze Manöverreise gemacht worden ist. Nun
sind sie in Angst, daß es schlecht ausgehen werde, und nun soll ich helfen.
Den 16.
Heute früh die Nachricht, daß der Kaiser in der Nacht unwohl
geworden sei und an Diarrhöe gelitten habe. Infolgedessen wurde dann
der Kronprinz benachrichtigt, daß er den Besuch in der Universität an
der Stelle des Kaisers zu machen habe. Ich fand den Kronprinzen bei
der Großherzogin von Baden und teilte ihm diese Entscheidung mit. Erst
wollte er nichts davon wissen und die Zeremonie auf einen andern Tag
verlegen; ich machte aber darauf aufmerksam, daß dies unmöglich sei, da
man die achthundert Personen, die in die Universität geladen seien, nicht
mehr abbestellen könne. Da der Kronprinz sich beklagte, er könne doch
keine Rede improvisieren, bemerkte ich ihm, daß er ja schon oft Proben
seines Rednertalents abgelegt habe und daß es wohl gehen werde. Dann
entschloß sich der Kronprinz, dem väterlichen Befehl Folge zu leisten. Um
11½ Uhr fuhren wir nach der Universität, und es ging alles sehr gut,
und jedermann war befriedigt.
Abends nach Tisch wurde große Beratung abgehalten, ob der Kaiser
nach Metz gehen sollte. Albedyll, Perponcher, Eulenburg und der Kron-
prinz waren dagegen. Der Großherzog von Baden und die Großherzogin
wollten, daß der Kronprinz an der Stelle des Kaisers gehe. Der Keiser,
zu dem dann die großherzoglichen Herrschaften und der Kronprinz hinein-
gingen, entschied, daß die Reise aufzugeben sei, berührte aber die Frage
der Vertretung nicht.
18. September.
Gestern früh erkundigte ich mich sofort, wie es dem Kaiser gehe, und
hörte, daß er gut geschlafen hatte. Das ist bei seinem Zustande jetzt das