402 Straßburg (1885 bis 1894)
Kaiser Wilhelm an den Fürsten Hohenlohe.
Berlin, 18. November 1886.
Gestern erhielt ich vom nunmehrigen Fürsten von Hohenlohe, Ihrem
Neffen, 1) das offizielle Schreiben seines Antritts der Regierung! Was
liegt nicht alles in diesem Ereignis. Vier Todesfälle in einem Hause in
zwei Jahren! Sie wußten bereits, daß die von mir so verehrte ver-
witwete Fürstin bei der Mitteilung des Ablebens ihres Gemahls an meine
Tochter, die Großherzogin, diese ersuchte, auch mir die Trauernachricht
mitzuteilen, da sie wußte, wie liiert mit dem Fürsten ich war seit unsern
so often Begegnungen in Rußland. Für diese Mitteilung habe ich Ihrer
Fürstin Schwester durch meine Tochter den aufrichtigsten Dank mit meinem
tiefsten Beileid aussprechen lassen und worauf ich, als Sie mir die gleiche
Mitteilung machten, nicht sogleich dankend antwortete. Allerdings habe
ich Ihrem verstorbenen Schwager sehr nahe gestanden, in ihm immer den
Deutschen wiedererkannt, selbst zur Zeit, in welcher er in höchster
Gunst in Petersburg ) stand. Möge der so schwer heimgesuchten fürst-
lichen Familie der Beistand Gottes nicht fehlen, der derselben diese Trauer
nicht ersparen wollte.
Ihr treu ergebener
Wilhelm.
Aus einem Briefe vom 21. November 1886.2)
.. Ich bin nicht berechtigt, mich als konstitutioneller Monarch zu
gerieren, sondern bin verantwortlicher Minister. Was ich vermeiden muß,
ist, ohne Kenntnis der Personen und Verhältnisse „actes de rigueur“ zu
machen, die sich nachher als verfehlt darstellen und durch die man noch
mehr blamiert wird als durch die Anschuldigungen der Bezirkskommandeure
wegen allzu großer Nachsicht. Ob Puttkamer der Mann ist, auf den ich
den Franzosenfreunden gegenüber mit Sicherheit rechnen kann, will ich
heute nicht entscheiden. Wenn Hofmann à tort ou à raison persona in-
1) Fürst Friedrich Karl zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, Sohn der
ältesten Schwester des Fürsten Chlodwig, Fürstin Therese, folgte seinem Bruder,
dem Fürsten Nikolaus, am 23. Oktober 1886. Der Vater Fürst Friedrich Karl war
am 21. Dezember 1884 gestorben.
2) Fürst Friedrich Karl war unter Kaiser Nikolaus russischer General und
Generaladjutant.
8) Es war dem Fürsten geraten worden, um der gegen ihn wirkenden Oppo-
sition zu begegnen, sich von dem Minister Hofmann zu trennen und einige „actes
de rigueur“ zu unternehmen, um Angriffen auf seine Politik aus militärischen
Kreisen zu begegnen.