Straßburg (1885 bis 1894) 413
sie als Zeitungsgerede. Der Kaiser, den ich nachher unten beim Tee fand,
war liebenswürdig wie immer.
Heute Morgen kam Herr von Mayr) und berichtete, er sei gestern
von Bismarck empfangen worden, der ihm gesagt habe, er könne der
Strömung nicht widerstehen und werde radikale Aenderungen in der Ver-
waltung von Elsaß-Lothringen in Vorschlag bringen müssen, als da seien
Abschaffung des Statthaltergesetzes von 1879, Oberpräsident und Leitung
der Verwaltung von Berlin aus. Mayr besprach die Sache ganz gemüt-
lich und schien vergnügt. Friedberg, den ich dann im Herrenhause auf-
suchte, hielt die Sache noch keineswegs für ausgemacht und sagte, ich
möge nur abwarten, was mir der Reichskanzler sagen werde. Dabei
äußerte er sein Mißtrauen gegen Mayr, der gar nichts beim Reichskanzler
zu tun habe und der nur manschen wolle.
Dementsprechend verhielt ich mich bei meiner Unterredung mit dem
Fürsten abwartend. Der Fürst sprach erst von der Entlassung Hofmanns,
meinte, daß dies eigentlich nicht seine Sache sei und daß Hofmann dem
Kaiser und mir Rechenschaft zu geben habe. Ich erwiderte, daß ich Hof-
mann den ersten Brief des Fürsten gezeigt hätte, in welchem er mir an-
heimstellte, Hofmann wegen seiner Unterlassungen in der Frage der
Patriotenliga Vorhaltungen zu machen. Das habe Hofmann schon ver-
anlaßt zu erklären, er sei bereit zu gehen, wenn mir sein Bleiben
Schwierigkeiten bereite. Damals hätte ich dies abgelehnt. Weitere Mit-
teilungen von hier hätten mich aber veranlaßt, Hofmann zu sagen, daß
es nun Zeit sein werde, seine Entlassung zu geben. Darauf ließ der
Fürst den Gegenstand fallen und ging zu den Maßregeln über, die nun
zu ergreifen seien. Wir verglichen die Noten, die der Fürst gemacht
hatte, mit den meinigen, und es fand sich ziemliche Uebereinstimmung.
Als leitender Grundsatz wurde anerkannt, daß keine Aenderungen an
den die Verwaltung von Elsaß-Lothringen regelnden Gesetzen zu machen
seien, also nicht Aufhebung des Wahlrechts zum Reichstage, nicht Sus-
pendierung oder Aufhebung des Landesausschusses, aber dessen Lahm-
legung durch Vorlage der Gesetze an den Reichstag. Daran möge man
sofort gehen und dem Reichstage vorlegen: das Grundbuchgesetz, die noch
einzuführenden Teile der Gewerbeordnung, die für höhere Töchterschulen
zu fordernden Bewilligungen, vielleicht auch ein Gesetz über die Wieder-
einführung des früheren Jagdgesetzes, ein Gesetz über die Aufhebung von
Jagdpachtverträgen, endlich das Pensionsgesetz.
In bezug auf die Sicherheit des Landes wurde verabredet:
1. die Auflösung der Vereinsverbände,
1) Unterstaatssekretär der Ministerialabteilung der Finanzen.