Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

418 Straßburg (1885 bis 1894) 
stimme zu. Tatsächlich läge die Sache so, daß Rottenburg und Bötticher 
mich verdrängen, Berlepsch zum Oberpräsidenten machen und die Regierung 
nach Berlin ziehen wollten. Da der Kaiser den direkten Antrag auf Auf- 
hebung des Statthalterpostens abgelehnt habe, so seien sie bemüht, mir 
die Adern abzubinden, indem sie die Befugnisse der Statthalterschaft ver- 
mindern, einen Teil nach Berlin zum Reichsamt des Innern ziehen und 
mich verhindern, brauchbare Persönlichkeiten an die Stelle von unbrauch- 
baren zu setzen. Ich müsse deshalb dem Kaiser meine Vorschläge direkt 
vorlegen. Was die Veränderungen auf gesetzlichem Wege anlange, zum 
Beispiel die angestrebte Zentralisation in Berlin, so würde ich Seine 
Majestät bitten, mich wenigstens Jahr und Tag den Versuch machen zu 
lassen und die auf Aenderung der Verwaltung abzielenden Gesetzes- 
vorschläge abzulehnen. Wilmowski war mit allem einverstanden und auch 
damit, daß ich dem Kaiser die Sache selbst vorlege. Ich ging nun nach 
dem Palais, hörte aber, daß mich der Kaiser an diesem Tage nicht werde 
empfangen können, da schon der Kriegsminister Vortrag habe. Ich würde 
den folgenden Tag bestellt werden. Ich mußte also warten. Das, war 
nun sehr peinlich, da es immerhin möglich war, daß mich der Kaiser 
auch den folgenden Tag nicht werde empfangen können. Dann war mein 
Plan sehr gefährdet, da alles darauf ankam, einen Coup de surprise 
auszuführen. 
Am 1. April schickte ich Morgens Thaden ins Palais, der mir die 
Nachricht brachte, der Kaiser sei wohl und werde mich empfangen. Ich 
wartete bis Mittag und erhielt dann die Nachricht, daß der Kaiser mich 
um 1¼ Uhr empfangen werde. Ich ging hin, nahm die Reinschriften 
mit und fand den Kaiser etwas schwach, aber ganz munter. Ich trug 
ihm die Sache vor, wie ich sie Wilmowski gesagt hatte. Der Kaiser hörte 
aufmerksam zu, wiederholte, daß er noch immer daran festhalte, den Statt- 
halter nicht aufzugeben. Dann fragte er mich, ob denn der Reichskanzler 
mit den Vorschlägen einverstanden sei. Ich erwiderte, dieser habe mir 
freie Hand gelassen. Ich besprach die einzelnen Personalveränderungen, 
und der Kaiser fragte dann, ob ich die Reinschriften bei mir hätte; als 
ich dies bejahte, sagte er: „Da kann ich ja gleich unterschreiben.“ 
Ich legte ihm alles vor und er schrieb viermal seinen Namen. Damit 
hatte ich gewonnenes Spiel. Nun fuhr ich beruhigt nach Hause. Hier 
kam bald der Großherzog von Baden, um mir zu erzählen, was er mit 
Bismarck den Tag vorher gesprochen hatte. Bismarck sei gegen eine Ver- 
änderung in Elsaß-Lothringen, gegen die Aufhebung des Statthalters, 
gegen die Verlegung der Regierung nach Berlin. Er habe nur zugestimmt, 
daß ein Gesetzentwurf ausgearbeitet werde, weil er nicht mit den Ministern 
habe streiten wollen, die mit Ausnahme von Friedberg gegen die Statt-
	        
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