Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Im Reichstage (1870 bis 1874) 35 
auf den Krieg meint er, daß man sich nicht mit der bloßen Kapitulation 
von Paris begnügen müsse, sondern gleichzeitig auf Abschluß von Friedens- 
präliminarien zu dringen habe. Er ist gegen jeden Waffenstillstand. Der 
Titel des Königs von Preußen soll, wie ich höre, sein: „König von 
Preußen, Kaiser von Deutschland“. 
München, 14. Dezember 1870. 
Der Kriegsminister hatte mich eingeladen, ihn einmal zu besuchen. 
Es schien mir, als fühle er das Bedürfnis, sich vor mir wegen des Ver- 
sailler Vertrags zu rechtfertigen. Er erzählte mir heute, als ich zu ihm 
kam, wie er anfangs mit Roon sich nur schwer habe verständigen können. 
Pranckh erklärte, daß er sich nach der Schablone von Baden und Hessen 
nicht richten könne. Darauf entgegnete Roon, daß er sich dann auf ein 
Verfassungsbündnis nicht einlassen könne, sondern daß sie ein internatio- 
nales Band schließen könnten. Dies akzeptierte Pranckh. Nun war aber 
Bismarck damit durchaus nicht zufrieden und setzte es beim König gegen 
die Militärpartei durch, ohne Roon mit Pranckh zu unterhandeln, wo er 
diesem alles zugestand. 
Ueber Holnsteins Reise nach Versailles war Pranckh sehr ungehalten. 
Er kam hin ohne Wissen der Minister und ohne denselben über seine 
Zwecke Mitteilung zu machen. 
Von Getzer erfuhr ich dann noch Näheres über diesen Punkt. Holn- 
stein hat dem Großherzog von Baden über die Art, wie er den König zu 
der Kaiseridee gebracht habe, rückhaltlose Mitteilungen gemacht. Es scheint, 
daß Holnstein nach Versailles gegangen ist unter dem Vorwand, dem 
König das Mittel zu verschaffen, die Reise zu vermeiden. In Verseailles 
setzte sich Holnstein mit Bismarck in Verbindung (der ihm nicht traut,) 
und verabredete den Brief. Dann ging er nach Hohenschwangau und 
ließ dem König sagen, er habe einen geheimen Auftrag für ihn von Bis- 
marck, „um die Neugierde des Königs rege zu machen“, wie er dem Groß- 
herzog sagte. Als er nun bei dem König war, beredete er ihn zu dem 
Brief und reiste damit nach Versailles zurück. 
Bray hat sich in Versailles gründlich blamiert. Noch vor seiner Ab- 
reise hatte sich Bray ein Memoire von Völderndorff geben lassen, in 
welchem ihm klargemacht wurde, daß man beim Großherzog von Baden 
die Frage der Abtretung von Heidelberg und Mannheim nicht anregen 
dürfe, da die Ansprüche Bayerns nur dann gerechtfertigt sind, wenn die 
jetzt regierende Familie Baden-Hochberg als unebenbürtig betrachtet wird. 
Das scheint Bray vergessen zu haben und hat mit dem Großherzog 
darüber gesprochen, der natürlich sehr unangenehm wurde, worauf dann 
Bray wie ein begossener Pudel abzog. Es ist dies um so dümmer, als
	        
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