424 Straßburg (1885 bis 1894)
Teil dem Lehrerstande angehörigen Staatsbeamten ausgegangen oder be-
günstigt worden ist. Es würde dadurch eine Zersplitterung der zum Kampfe
gegen das Franzosentum berufenen und nur in ihrer Vereinigung wirk-
samen Kräfte herbeigeführt, welche auf die schließliche Gestaltung der Dinge
im Reichslande nur schädigend einwirken kann.
Von diesem Gesichtspunkte aus ist es für die auswärtige Politik des
Reichs von Interesse, festzustellen, ob die von den Zeitungen berichteten
Vorgänge bei der Wahl des Herrn Petri auf Wahrheit beruhen. Es
wäre dann meiner Ansicht nach eine Remedur erwünscht, welche den
Beamten in dem exponierten Reichslande gegenüber auch vor schärferen
Mitteln nicht zurückschreckt, wenn diese Herren der kaiserlichen Regierung
entgegenwirken oder der Politik derselben auch nur ihre Mitwirkung in
öffentlich erkennbarer Weise versagen.
von Bismarck.
An den Fürsten Bismarck.
Straßburg, 19. August 1887.
Eurer Durchlaucht erlaube ich mir meinen ergebensten Dank für das
gütige Schreiben vom 9. d. M. auszusprechen. Die darin kundgegebene
Zustimmung zu den von mir getroffenen Maßregeln ist mir überaus wert-
voll und ermutigt mich, auf dem von Eurer Durchlaucht als richtig er-
kannten Wege unbeirrt weiterzugehen. Ich bedaure nur, daß ich die
vertrauliche Aeußerung Eurer Durchlaucht nicht veröffentlichen kann, um
damit dem noch immer hie und da auftauchenden Gerüchte von einer
zwischen Eurer Durchlaucht und mir bestehenden Meinungsverschiedenheit
ein für allemal ein Ende zu machen.
Was die Vorgänge bei der letzten Straßburger Wahl betrifft, so
entsprechen die von den Zeitungen gebrachten Berichte der Wahrheit. Es
hat sich in der Tat eine altdeutsche Sonderpartei gebildet, welche, geführt
von einigen Professoren und Oberlehrern, sich bei der letzten Wahl gegen
den deutschfreundlichen elsässischen Kandidaten erklärte, weil sie überhaupt
von Versöhnung mit den Elsaß-Lothringern nichts wissen will. Daß diese
Herren, trotzdem ihnen die Intentionen der Regierung bekannt waren,
dieser bei der Wahl nicht allein ihre Mitwirkung versagten, sondern auch
direkt und schroff den Absichten und Wünschen der Regierung entgegen-
traten, zeigt einen Mangel an Disziplin, der auf die eigenartigen Ver-
hältnisse des Reichslands zurückgeführt werden muß, wenn ich auch den
hiesigen Beamten im großen und ganzen das Zeugnis unbedingter Pflicht-
treue und Hingebung erteilen kann. Ich hoffe, es wird mir gelingen, die
Beamten der Reichslande da, wo es nötig erscheint, durch ernstes Ein-