Straßburg (1885 bis 1894) 425
greifen mehr und mehr zum Verständnis der ihnen obliegenden Pflichten
zu bringen und in Zukunft die Wiederkehr von Vorgängen der oben-
erwähnten Art zu verhüten.
Journal.
Altaussee, 9. September 1887.
Abreise von Straßburg Dienstag den 6. September. Nachmittags in
Schillingsfürst. Dort übernachtet. Den andern Morgen mit Thaden
weiter. Thaden fuhr von Ansbach nach Podiebrad, ich nach Kissingen.
In Kissingen fand ich Rottenburg auf dem Bahnhof, der mich nach dem
„Russischen Hof“ brachte und mir sagte, daß Fürst Bismarck mich besuchen
werde. Um 6 Uhr sollte ich zum Essen kommen. Ich blieb zu Hause,
und um 5 Uhr kam Fürst Bismarck. Ich sagte ihm, der Zweck meiner
Reise sei, ihm Kenntnis von der russischen Erbschaft!) zu geben und mich
für alle Fälle seinem Schutz zu empfehlen. Für den Fall, daß die Kaiser-
zusammenkunft in Stettin stattfinde, wünschte ich, daß der Kaiser mich dem
Kaiser Alexander empfehle. Er meinte, das ginge nicht, dazu sei der alte
Herr zu olympisch. Er nehme solche diplomatischen Missionen nicht an.
Er, Bismarck, werde das aber besorgen. Das nahm ich dankbar an.
Dann sprach er von meiner Reise nach der Bretagne und fragte, wie es
mir gegangen sei. Ich erzählte ihm den Hergang und betonte, daß ich
von den Franzosen im allgemeinen gut empfangen worden sei, nur die
radikale Presse habe mich angegriffen. Als ich erwähnte, daß man mich
dort „Herzog von Alba“ nenne, lachte er und fragte, ob ich schon ein
Bild von Alba gesehen hätte. Von der Aufhebung des Jagdkartenverbots?)
will er nichts wissen, obgleich ich ihm nahelegte, daß es eine zu große
Härte sei, ansässigen Franzosen die Jagdkarte zu verweigern. Es seien
alles Spione. Was die Kaiserzusammenkunft betrifft, so wußte er nicht,
ob sie stattfinden werde. Man habe in Berlin keine Nachricht davon und
habe auch keine Schritte deshalb getan. Dann erwähnte ich, daß Schraut
mir jetzt nötig sei.) Ich hätte aber keine Schritte getan, nachdem mir
der Fürst im Frühjahr gesagt habe, er könne ihn nicht entbehren. Schraut
selbst wünsche die Stelle als Unterstaatssekretär in Straßburg zu erhalten.
1) Nach dem Tode des Fürsten Peter von Sayn-Wittgenstein am 20. August
1887 waren die Wittgensteinschen Güter in Rußland der Fürstin Hohenlohe zu-
gefallen. Nach dem russischen Gesetze war diese genötigt, die Güter zu verkaufen,
da in den westlichen Gouvernements Ausländer keinen Grundbesitz haben dürfen.
2) Auf Veranlassung der Reichsregierung hatte die Verwaltung in Elsaß-
Lothringen den Franzosen die Jagdscheine versagt.
3) Da der Unterstaatssekretär Back sich entschlossen hatte, zurückzutreten, um
wieder das Bürgermeisteramt von Straßburg zu übernehmen.