Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

428 Straßburg (1885 bis 1894) 
keit nicht besteht, glaube ich nachgewiesen zu haben. Ich meine deshalb, 
daß wir bis zum nächsten Jahre warten, was noch den Vorteil bietet, 
daß die Maßregel langsam vorbereitet werden kann, sei es in der Presse, 
sei es durch mündliche Rücksprache mit einflußreichen Mitgliedern jener 
Körperschaften. 
Journal. 
Straßburg, 19. Februar 1888. 
Professor Krauß von Freiburg war heute bei mir. Ich besprach mit 
ihm die Frage der Fakultät in Straßburg. Er kann allein darüber Aus- 
kunft geben, da die Verhandlungen im Jahre 1872 teilweise durch ihn 
neben Roggenbach geführt worden sind. Er sagt, damals sei Bismarck 
dafür gewesen, die Sache sei aber gescheitert, weil Bischof Raeß verlangte, 
daß er selbst die Professoren zu ernennen habe. Eine Mitwirkung des 
Bischofs ist nötig, die Ernennung durch den Bischof aber unzulässig. 
Darüber besteht eine Konvention zwischen Niebuhr und dem römischen 
Staatssekretär vom Jahre 1821 bezüglich der Universität Bonn, die als 
Norm dienen könnte. 
Der Gedanke, Benediktiner hierher zu nehmen, leuchtet Krauß sehr 
ein. Nur sagt er mir, daß Pater Odilo sich darüber beklage, daß es 
wenig wissenschaftlich gebildete Benediktiner gebe. Krauß rät, ich möchte 
mit dem Abt Alexander von Mölk darüber sprechen. Für die Kapuziner, 
die Stumpf aus Mainz kommen lassen will, ist Krauß gut gestimmt. Der 
Pater Walter in Beuron ist jesuitisch und dadurch unzuverlässig. Krauß 
ist mit mir einverstanden, daß die Sulpicianer besser sind als deutsche 
jesuitische Geistliche. 
Straßburg, 7. März 1888. 
Heute Nachmittag kam ein Telegramm mit der Nachricht, daß der 
Kaiser infolge einer ungünstigen Nacht und Appetitmangels wenig gut sei 
und daß Prinz Wilhelm seit drei Stunden, Fürst Bismarck seit zwei 
Stunden im Palais seien. Das scheint bedenklich. Ich ging zu Heuduck, 
dem ich die Nachricht mitteilte. Er war ebenso erschrocken wie ich und 
glaubt auch, daß es nun zu Ende geht. Wir sprachen dann von dem, 
was kommen werde. Er meint, daß der Kronprinz, wenn der Kaiser 
sterbe, sofort nach Berlin abreisen werde. „Dann könnten wir in kurzer 
Zeit zwei Kaiser zu begraben haben!“ Ich hatte bisher angenommen, 
daß Prinz Wilhelm ganz mit Bismarck zusammengehe. Heuduck gibt das 
zu, sagt aber, es seien Anzeichen dafür vorhanden, daß der Prinz, wenn 
er Kaiser werde, sich doch nicht auf die Dauer mit Bismarck werde ver- 
tragen können. Es scheint, daß konservative, Bismarck feindliche Einflüsse 
sich geltend machen werden. Das wäre schlimm. Der Prinz ist ohnedies
	        
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