Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Straßburg (1885 bis 1894) 429 
in Deutschland nicht populär und wird sich sehr in acht nehmen müssen, 
um die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen. 
Wir kamen dann auf Waldersee und dessen Berufung nach Straß- 
burg. Heuduck sagt, davon sei keine Rede. Allerdings gebe es in Berlin 
eine mächtige Partei, die Waldersee aus seiner Stelle verdrängen wolle. 
Auch der Reichskanzler sei nicht mehr für Waldersee. Heuduck bedauert 
dies, weil er Waldersee für einen sehr gut eingeweihten und eingearbeiteten 
Generalstabschef ansieht, der schwer zu ersetzen sein werde. 
Berlin, 19. März 1888. 
Mittwoch Nachts fuhr ich mit Jordan und Thaden nach Berlin ab. 
Schlafwagen bis Frankfurt. In Berlin Abends 8 Uhr. Ernst Ratibor 
empfing mich und geleitete mich nach dem Hotel Continental, wo ich mit 
Viktor zu Abend aß und dann nach der Moltkestraße fuhr. Der Donnerstag 
verging mit Meldungen und Besuchen. Nachmittags ging ich mit Philipp 
Ernst in den Dom, wo die Leiche des Kaisers ausgestellt war. Es war 
alles sehr schön, und feierlich und mit Wehmut sah ich noch einmal den 
alten Herrn, der mir so manches Jahr hindurch ein freundlicher Gönner 
gewesen war und dem ich ein treues Andenken bewahre. 
Am Freitag war die Leichenfeier. Ich stand in der Nähe des Sarges 
mit den Rittern des Schwarzen Adlerordens, am Sarge standen die 
obersten Hofchargen und die Minister, am Kopfende General Pape mit 
dem Reichspanier und zwei Generaladjutanten. Kögel hielt eine sehr er- 
greifende Rede. Nach Beendigung der Feier ordnete sich der Zug vor 
der Kirche. Wir gingen zu Fuß bis zur Siegesallee, von wo der Sarg 
nur von den Adjutanten und dem Hof nach Charlottenburg geleitet wurde. 
Alle andern gingen nach Hause. Der Zug verlor an Glanz, da alles im 
Paletot und Mantel ging. Die Kälte nötigte dazu. 
Sonntag den 18. Audienz bei der Großherzogin von Baden und bei 
der Kaiserin Augusta. Letztere sah wohler und kräftiger aus, als wir 
erwartet hatten. Sie sprach sehr freundlich und dankte mir für meine 
treuen Dienste, die der Kaiser stets anerkannt habe. Ich erwiderte, daß 
ich dem Kaiser zu allen Zeiten ergeben gewesen sei und nie aufhören würde, 
ihm für die zahlreichen Beweise seiner Gnade ein dankbares Andenken zu 
bewahren. Nachmittags war ich bei Holstein, der einiges über Elsaß= 
Lothringen sprach und dann auf die hiesigen Verhältnisse überging. Der 
Reichskanzler sei sehr zufrieden mit der Art, wie der Kaiser seine Geschäfte 
erledige. 
Montag den 19. Besuch bei der Kaiserin Viktoria, der ich die Metzer 
Deputation vorstellte. Ich fand die Kaiserin unverändert, und ihr un- 
befangenes, heiteres Wesen setzte mich in Erstaunen.
	        
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