Straßburg (1885 bis 1894) 443
vortrefflich und alles in „gehobener Stimmung“. Das Hotel ist eines der
besten des Landes. *
Am Morgen kamen zwei Zivilmusikkapellen, mich mit einer Morgen-
musik zu erfreuen, und dann noch eine Militärkapelle. Ich mußte natür-
lich zuhören und mich auf dem Balkon zeigen. Endlich nach anderthalb-
stündiger Geduld wurde ich erlöst und fuhr nach dem Bahnhofe. Um
9 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung, der uns nach Sewen bringen
sollte. Die Bahn geht in nordwestlicher Richtung über Lutterbach nach
Sennheim, von dort südlich über Aspach und Sentheim nach Masmünster.
In den größeren Orten hielt der Zug, und ich wurde von den Pfarrern,
Bürgermeistern, Schulkindern u. s. w. empfangen und mußte die üblichen
Ansprachen der weißgekleideten Mädchen anhören, die mir versicherten,
daß sie glücklich seien, den verehrten Landesherrn zu begrüßen, und die
mit der Versicherung besonderer Hochachtung zu schließen pflegen, worauf
dann der Landesherr dem die Rede haltenden Mädchen die Hand reicht
und den kleinen Begleiterinnen, die neben der Rednerin knixen und die
gewöhnlich schöne Lockenköpfchen haben, die Wangen streichelt. In Mas-
münster, einer Stadt von viertausend Einwohnern, war der Empfang
großartiger, Feuerwehr, Beamte, mehrere Pfarrer und Massen von Schul-
kindern. Als die Tochter des Notars ihre Ansprache eben anfangen
wollte, fing die Feuerwehr zu trommeln und zu trompeten an, so daß ich
bat zu warten. Von Masmünster fuhren wir zu Wagen noch durch
einige Dörfer, wo überall Empfang war, nach Sewen, einem großen Dorf
in dem schönen Gebirgstal. Hier wurde der Empfang in Unordnung
macht, wieder in den Besitz des verlorenen Landes zu gelangen. So sind wir
schrittweise zum Paßzwang gekommen, auf den Herr Schlumberger angespielt hat.
Der Paßzwang wird aufhören, wenn wir seiner nicht mehr bedürfen, um unsern
Besitz zu sichern. Andre Maßregeln werden folgen, um, wie kürzlich ein bekanntes
Blatt gesagt hat, Elsaß-Lothringen dauernd von Frankreich abzuziehen und uns
näher zu bringen.
Diese Maßregeln dürfen aber, um diesen Zweck zu erreichen, nicht dem Gebiete
der Polizei, sondern sie müssen dem der wirtschaftlichen Interessen entnommen
werden. Die Fahrt, die wir morgen machen werden, um ein großartiges und für
Oberelsaß nützliches Werk kennen zu lernen, gibt Ihnen ein Beispiel. Andre Werke
dieser Art werden sich daran reihen; ich erinnere an den Ludwigshafener Kanal,
und ich würde noch mehr Beispiele anführen, wenn ich nicht befürchten müßte, dem
Vorstand der dritten Abteilung des Ministeriums die Freude zu verderben, das
Land mit manchem nützlichen Projekte auf diesem Gebiete zu überraschen. Das
sind dauernde Maßregeln, die wir getroffen haben und die wir weiter ins Werk
setzen werden, um dem Land zu beweisen, daß es unter deutscher Herrschaft ge-
deihen wird.
In diesem Sinne lassen Sie uns trinken auf das Wohl von Elsaß-Lothringen
und auf das Gedeihen der Stadt Mülhausen.