Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Straßburg (1885 bis 1894) 445 
her immer die Erklärung dafür gefehlt, daß Bismarck mir stets Prügel 
zwischen die Füße geworfen hat, sobald es in Elsaß-Lothringen gut ging 
und ich mir die Anerkennung der Welt oder des Kaisers erworben hatte: 
die Prozesse gegen die Patriotenliga, das Drängen auf Ausweisungen und 
zuletzt den Paßzwang. Alles unmotiviert, wenn man nicht obige Er- 
klärung als möglich annimmt. Maxime Ducamp fragte mich, welche Maß- 
regeln denn jetzt noch folgen sollten. Ich sagte, ich wisse von nichts. 
Möglich ist es aber, daß wieder ein neuer Sturm von Berlin kommt. 
Aus einem Briefe an die Prinzessin Elise. 
Berlin, 3. August 1888. 
.. Kaiser Wilhelm macht mir den Eindruck eines klugen und pflicht- 
treuen Mannes. Wenn ich mit ihm spreche, werde ich immer an Prinz 
Albert erinnert. Er hat Aehnlichkeit in der Stimme und denselben Ernst. 
Dabei aber auch die Freude an komischen Dingen. Wenn er sich so ent- 
wickelt wie sein Großvater, so können wir zufrieden sein. 
Journal. 
Petersburg, 13. August 1888. 
Abreise von Berlin am 10., nachdem ich den Kaiser am Tage vorher 
gesehen hatte. Meine Audienz war befriedigend. Der Kaiser empfing mich 
erst mit dem Hofstaat und den Adjutanten, und dann gingen wir zum 
Frühstück. Nachher sprach der Kaiser längere Zeit mit mir auf der 
Terrasse. Er erzählte von seinem Aufenthalt in Peterhof ) und zeigte 
sich sehr zufrieden mit der Aufnahme. Man habe ihn anfangs etwas 
mißtrauisch beobachtet, weil man gefürchtet habe, daß er irgendwelche 
unangenehmen Dinge, Zurückziehung der Truppen und dergleichen, zur 
Sprache bringen werde. Nachdem aber der Kaiser sich davon überzeugt 
hatte, daß der Besuch ein lediglich formeller Höflichkeitsbesuch sein sollte, 
sei er von Tag zu Tag freundlicher und zutraulicher geworden und der 
Aufenthalt sei dadurch sehr gemütlich gewesen. In bezug auf meine eignen 
Geschäfte wünschte er mir alles Gute und sagte: „Ich werde Ihnen den 
Daumen halten.“ Zum Schluß trug er mir auf, dem Kaiser seinen Dank 
für die freundliche Aufnahme zu wiederholen und ihm zu sagen, daß er 
von seinem Aufenthalt die beste Erinnerung bewahre. Am 10. fuhr ich 
von Berlin weg, fand Makower 2) mit Tochter und Sohn auf der Bahn 
und lud sie ein, mit mir zu fahren. Wir vertrugen uns ganz gut. Es 
  
4) 19. bis 24. Juli 1888. 
2) Rechtsanwalt Makower in Berlin, den der Fürst in der russischen Erb- 
schaftsangelegenheit als Rechtsbeistand angenommen hatte.
	        
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