Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Straßburg (1885 bis 1894) 417 
zu tragen. Bei seiner Ankunft habe er den Herren unsers Gefolges 
gesagt, sie sollten nicht zu höflich mit den Russen sein. Dies haben zwei 
russische Generale gehört. 
Nach dem Diner fuhr ich noch mit Philipp Ernst im Dampfschiff 
nach dem Zoologischen Garten, wo Theater und Ballett war. Heut hat 
uns die Großfürstin Katharina zum Essen nach Oranienbaum eingeladen. 
Petersburg, 13./25. August 1888. 
Wie es mir Herr von Giers in Aussicht gestellt hatte, wurden wir 
gestern (Freitag) zu den Majestäten berufen. Wir fuhren in Unisorm 
Morgens 10 Uhr nach Peterhof, stiegen dort in dem Palais ab, von wo 
wir sofort durch den Park nach dem Cottage gefahren wurden, wo der 
Kaiser residiert. Es ist ein kleines, recht wohnliches Landhaus, aber un- 
genügend als kaiserliche Residenz. Fürst Galitzin, der Oberhofmeister der 
Kaiserin, empfing uns, um uns zur Kaiserin zu führen. Da aber die 
ägyptischen Prinzen da waren, so konnte uns die Kaiserin nicht gleich 
empfangen, und wir wurden erst zum Kaiser geführt. Ich ging zuerst 
allein zur Audienz. Philipp Ernst wartete im Vorzimmer. Der Weg 
führte zwischen halbgepackten Koffern durch zu einer kleinen Treppe, auf 
der ich in das Toilettenzimmer des Kaisers und von da in sein Arbeits- 
zimmer kam. Der Kaiser, ein großer Mann im Militärüberrock, empfing 
mich sehr freundlich, erwähnte, daß er mich schon in Paris gesehen habe, 
kam dann auf meine Stellung in Straßburg und fragte, ob ich zum 
erstenmal in Petersburg sei. Ich erwiderte, daß ich schon vor einigen 
dreißig Jahren hier gewesen sei, 1 erzählte die Veranlassung meines da- 
maligen Aufenthalts und fand damit den Uebergang zu dem Zweck meines 
jetzigen Aufenthalts und zu den Verhältnissen der Erbschaft. Ich ver- 
hehlte nicht den Zustand des Vermögens, sagte, daß wir Bedenken getragen 
hätten, die Erbschaft anzutreten, da dieselbe überschuldet sei, und daß wir 
die Erbschaft nur deshalb angenommen hätten, um das Andenken Peters 
zu wahren und die Schulden zu zahlen. Der Kaiser ging darauf ein, 
sprach sein Bedauern aus, daß die Verhältnisse so ungünstig lägen. Ich 
fügte hinzu, daß wir uns bemühen würden, die Sache in Ordnung zu 
bringen, daß uns aber dazu Zeit nötig sei, und bat dann, mir zu erlauben, 
den Brief meiner Frau zu übersenden, in welchem die Bitten und Wünsche, 
die sie hege, enthalten seien. Dies genehmigte der Kaiser. Er schloß 
die Unterredung, indem er in freundlicher Weise sagte: „Nous tächerons 
de vous aider dans ces difficultes.“ Hierauf entließ er mich, und Philipp 
Ernst wurde hineingeführt. 
  
1) Bd. I S. 69.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.