Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

454 Straßburg (1885 bis 1894) 
Gottes und nach der Auferstehung des Leibes u. s. w. eine die ruhige 
Kontemplation und Resignation störende Willensunruhe liegt. Ich will 
auch die Welt überwinden, und wenn Johannes sagt: „Unser Glaube ist 
der Sieg, der die Welt überwindet," so ist es eben nicht der Glaube an 
die Dogmen, sondern die Erkenntnis von der Nichtigkeit der Welt und 
der Verderblichkeit der Sünde, die der Evangelist darunter verstanden hat. 
Wir kommen also zu demselben Resultat. Und wenn du sagst: „Die 
mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten,"“ so sage ich: ja, diejenigen, 
die das Leid der Welt und der Sündhaftigkeit des Willens durchgemacht 
haben, sind fähig, durch die Resignation zu dem Zustande reiner Beschau- 
lichkeit zu gelangen. 
Reden bei dem Ausfluge des Landesausschusses nach Metz 
am 9. Mai 1889.1) 
Auf den Kaiser. 
Meine Herren! Es ist das erstemal seit der Thronbesteigung unsers 
jetzt regierenden Kaisers, daß mir die Ehre zuteil wird, in dieser Stadt 
dem Kaiser einen ehrfurchtsvollen Gruß darzubringen. Ich tue es nicht 
ohne das Gefühl tiefer Wehmut; denn noch stehen uns die Ereignisse des 
vergangenen Jahres zu nahe, noch stehen zu deutlich vor uns die Ge- 
stalten der beiden erhabenen Monarchen, denen ich in Treue und Anhäng- 
lichkeit zu dienen die Ehre hatte, und noch lebt in mir die Erinnerung an 
den Tag, an welchem ich an der Seite des hochseligen Kaisers Friedrich 
diese festlich geschmückte Stadt betreten durfte. Aber die Trauer um die 
Dahingegangenen, so berechtigt sie ist, darf uns nicht den Blick in die Zu- 
kunft trüben. Unser jetzt regierender Kaiser ist der würdige Nachfolger 
großer Vorfahren, pflichttreu und mutig, ein echter Sohn des Stammes 
Hohenzollern. Und wohl darf ich mit dem Dichter von ihm sagen: 
„Des Thrones glatte Schwelle, wie selbstbewußt, 
Wie fest betrittst du sie, wie gereift im Geist! 
Ja, leichter hebt dein freies Haupt sich, 
Seit die metallene Last ihm zufiel.“ 
Und diese Worte sollen keine Schmeichelei sein. Sie sind das auf ruhige 
Beobachtung gegründete Urteil, und dies berechtigt mich zu der festen Hoff- 
nung, daß das Reich unter der Regierung unsers Kaisers mit Gottes 
Beistand einer glücklichen Zukunft entgegengehen wird. 
Auf die Stadt Metz. 
Meine Herren! Gestatten Sie mir, im Namen der Straßburger Gäste 
dem Herrn Bürgermeister für seine freundliche Begrüßung und dem Ge- 
  
1) Zur Besichtigung der Arbeiten am Dom.
	        
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