Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

474 Straßburg (1885 bis 1894) 
Verbindung mit Frankreich erleichtere, meinte indessen, er könne uns nicht 
hindern, werde aber auch nichts dazu geben. Mehr Wichtigkeit legt er 
dem Moselkanal bei, der die Verbindung Lothringens mit dem Niederrhein 
herstellen werde. Was den Straßburg-Ludwigshafener Kanal betrifft, 
so ist er dafür, kennt aber die Sache nicht genau und meint, daß Baden 
und Bayern dagegen seien. 
Den 26. 
Abends Taufe des Prinzen Joachim. Diner nachher, wo ich zwischen 
Gräfin Waldersee und Gräfin Lehndorff saß. Die Musik war aber so 
lärmend, daß man nicht sprechen konnte. Nachher Unterredung mit dem 
Kaiser über russische Verhältnisse und über die Fehler, die Bismarck ge- 
macht hat, indem er die russische Anleihe auswies und gegen die russischen 
Finanzen Krieg führte. Auch auf die „Hamburger Nachrichten“ kam die 
Rede. Der Kaiser sagte: „Das wird noch ein bis zwei Jahre dauern, 
dann wird die Opposition aufhören.“ 
Berlin, 28. Januar 1891. 
Gestern Geburtstagsfeier. Gottesdienst in der Schloßkapelle, wo 
Dryander eine sehr gute Rede hielt. Dann Defiliercour im Weißen Saale. 
Um 5 Uhr Diner bei Caprivi, wo ich zwischen Schuwalow und dem 
türkischen Botschafter saß. Abends Galaoper, wo ich mich von dem Kaiser 
verabschiedete. Heute um 2 Uhr ging ich zum Reichskanzler. Wir sprachen 
von der Notwendigkeit, preußische Beamte für einige Zeit nach dem Elsaß 
für die neuen Kreisdirektorstellen ) zu berufen, womit er einverstanden ist. 
Dann kam er auf die Frage der Vertiefung der Kanäle, die man hier für 
bedenklich ansieht. Ich erwiderte, daß ich die Gefahr, dadurch mit 
Frankreich in nähere Verbindung zu kommen, nicht anerkennen könnte. 
Wenigstens solle man uns dann zum Ludwigshafener Kanal verhelfen. 
Straßburg, 26. Februar 1891. 
Gestern die traurige Nachricht aus Rom erhalten, daß Ernst Ratibor?) 
gestorben ist. Auch in Rauden war man ganz unvorbereitet. Nähere 
Nachrichten fehlen noch. Das Landesausschußdiner in betrübter Stimmung 
mitgemacht. Die Rede gelang gut und wurde vielfach gelobt. Heute Diner 
bei dem Rektor der Universität. Wie ich erwartet hatte, hielt der Rektor, 
Professor ten Brink, eine Rede. Ich antwortete, indem ich dankte und 
  
1) Die Regierung hatte dem Landesausschusse eine Kreisordnung und einen 
Entwurf einer neuen Kreiseinteilung mit erheblicher Vermehrung der Kreise vor- 
gelegt. Der Landesausschuß lehnte beides ab. 
2) Der Neffe des Fürsten, Prinz Ernst von Ratibor, geb. 10. November 1857, 
gest. 25. Februar 1891.
	        
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