Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

492 Straßburg (1885 bis 1894) 
dort zugereister Mann in Koblenz an der Cholera gestorben und nach ihm 
die barmherzige Schwester und der Krankenwärter, die ihn gepflegt haben. 
Dazu kämen Nachrichten von einer typhösen Dysenterieepidemie in Lune- 
ville, und es schiene ihm bedenklich, die Manöver abzuhalten. Doch werde- 
sich der Kaiser schwer zur Aufgabe der Manöver entschließen. 
Ich erzählte ihm von dem Gesuche der französischen Schauspieler, 
Tragödien in Straßburg zu geben. Er riet davon ab, weil dies von der 
deutschen Presse als ein Vordringen des Franzosentums im Elsaß unliebsam 
besprochen werden würde. Dies bestärkte mich in meiner Auffassung. 
Aussee, 7. Oktober 1892. 
Einer Einladung des Grafen Erwein Schlick folgend, fuhren wir, 
Marie und ich, am 1. Oktober mit dem Zug über Selztal nach St. Michael 
und von hier über Rottenmann, Judenburg u. s. w. nach Friesach. Sowohl 
das Murtal, in dem Judenburg liegt, wie das Metnitztal, in das wir vor 
Friesach kamen, sind breite grüne Täler, von waldigen Bergen begrenzt, 
in dem Charakter aller der Täler der steirischen, Salzburger und Kärntner 
Alpen. Sie sind fruchtbar, aber verhältnismäßig wenig bevölkert und. 
machen einen melancholischen Eindruck. Friesach, hell vom Mond be- 
schienen, mit seinen hohen Mauern und den umliegenden Burgruinen, 
überrascht durch seinen Anblick. Das Innere der Stadt hat aber etwas 
Verkommenes. Der Gasthof des Herrn Bauer ist, wie alle Hotels in 
Friesach, ein altes muffiges Gebäude. Die Zimmer liegen unmotiviert 
auseinander, durch Kammern und Gänge getrennt. Die Wirtsleute waren 
sehr entgegenkommend, die Verpflegung mäßig, die Betten gut. Da wir 
uns Friesach ansehen wollten, so blieben wir bis 10 Uhr Vormittags und 
gingen, da es Sonntag war, in die Dominikanerkirche, einen streng gotisch 
nagelneu gebauten Dom. Die architektonischen Merkwürdigkeiten, von 
denen Baedeker spricht, sind verschwunden und in das Dominikanerinnen= 
kloster gebracht. Der Orden der Dominikaner hat die Kirche gebaut. Da 
Graf Schlick uns hatte sagen lassen, er erwarte uns zum Essen um 1 Uhr, 
so fuhren wir um 10 Uhr ab. Zwei kleine Phaetons und ein Gepäck- 
wagen. Der Weg führt zuerst durch das Metnitztal, wendet sich dann 
links in ein enges Tal und wird steiler. Um 1 Uhr waren wir in Ober- 
hof. An dem unter dem Schloß liegenden Gasthof des Herrn Schuster, 
der uns an einer Ehrenpforte mit Wein empfing und seiner Freude Aus- 
druck gab, daß wir aus dem Elsaß bis hierher gekommen seien, hielten 
wir einen Augenblick. Als wir näher an das Schloß kamen, sahen wir 
Graf Erwein uns entgegeneilen, der uns begrüßte und darüber aufklärte, 
daß wir nicht hier wohnen sollten, sondern noch vier Stunden weiter in 
das Gebirge zu fahren hätten. Er selbst machte sich bald auf den Weg
	        
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