502 Straßburg (1885 bis 1894)
Dann würde alle Welt zufrieden sein. Ueber den Ausgang der Beratung
über die Militärvorlage ist er nicht beruhigt. Die Antisemiten, von deren
Zustimmung die Sache abhängt, machten unannehmbare Bedingungen.
Auch teilte er mir mit, daß er Anfang August in Frankfurt eine Kon-
ferenz der süddeutschen Finanzminister abhalten will, zu der auch Schraut
kommen soll.
Metz, 3. September 1893.
Heute Morgen Fahrt nach dem Bahnhof Devant-les-Ponts, um zu-
erst die Prinzen und dann den Kaiser, der mit dem Kronprinzen von
Italien kam, zu begrüßen. Der Kaiser war sehr freundlich, stellte mich
dem Kronprinzen vor. Während er die Ehrenkompagnie abschritt, fuhr
ich voraus nach dem Platz, wo die Begrüßung der Stadt stattfinden
sollte. Ich stieg aus und stellte mich mit Hammerstein in der Nähe des
Gemeinderats auf. Bald kam der Kaiser mit Gefolge zu Pferde. Der
Bürgermeister Halm hielt eine schöne, nur etwas lange Rede, worauf der
Kaiser antwortete und ihm die Kette gab, die ihm Hammerstein auf das
Pferd reichte. Es ging alles ganz glatt. Dann fuhr ich auf die
Esplanade zum Vorbeimarsch der Truppen, der eine Stunde dauerte,
dann nach Hause. Um 3 Uhr wieder auf dem Bahnhofe, um mit dem
Kaiser nach Urville zu fahren. Der Kaiser nahm mich mit in seinen
Wagen, wo wir allein saßen. Ich erzählte die Feichtersche Sache, indem
ich anführte, daß ich einen Antrag auf Stellung zur Disposition Feichters
stellen müsse. Der Kaiser meinte, es sei das sehr schade, denn Feichter
sei ein braver Mann und tüchtiger Beamter. Wolle der Kaiser ihm den
Dienst in Wiederaussicht stellen, sagte ich dann, so werde dadurch die Maß-
regel gemildert. Der Kaiser schwieg darauf.
Wir kamen dann bald nach Urville. Hier war großer Empfang am
Bahnhof. Ich fuhr mit dem Kaiser im Wagen bis an die Tribüne, wo
die Notabilitäten aufgestellt waren. Erst hielt Jaunez seine Rede, dann
der alte Bürgermeister Dury eine französische Ansprache; auf beide ant-
wortete der Kaiser deutsch, sprach aber dann noch französisch mit dem
alten Bürgermeister. Dann kam der Bischof, hielt oder las eine Rede,
worauf der Kaiser antwortete. Dann fuhren wir durch das von einer
Unzahl, ich glaube tausend, Schulkindern und Krieger= und Sängervereinen
aus Lothringen gebildete Spalier nach Urville. Das Schloß ist recht
hübsch geworden, ebenso der Garten, und der Kaiser hatte große Freude
an seinem neuen Besitz.
Wir empfahlen uns bald und fuhren im Wagen nach Metz zurück.
Abends war Diner, bei dem Prinz Albrecht im Namen des Kaisers
die Honneurs machte. Ich saß zwischen Eulenburg und dem italienischen
General. Rechts von Eulenburg saß Caprivi.