504 Straßburg (1885 bis 1894)
Kaiser Posadowsky genannt, von dem er in Posen viel Gutes gehört
habe. Caprivi erkundigte sich nun bei dem Oberpräsidenten, bei Günther
und Zedlitz, den beiden früheren Oberpräsidenten, erhielt die Bestätigung
der günstigen Nachrichten über Posadowsky, und so wurde dieser gewählt.
Am 7. war Manöver, von dem ich mich fernhielt. Ich blieb den
Vormittag zu Hause und ging Nachmittags spazieren, um mich in der
Stadt zu orientieren. Abends war Diner im Bezirkspräsidium, dem Prinz
Albrecht präsidierte.
Am 8. fuhr ich mit Diringshofen in das Manövergelände und fand
auch einen sehr guten Platz, wo wir das Feuer der Batterien der beiden
Armeekorps, verschiedene Infanteriegefechte und zuletzt den Angriff der
gesamten Reiterei auf die Infanterie sehen konnten, die den Berg herunter
galoppierte. Ein sehr interessantes Bild, aber ein unmögliches Gefecht
im Kriege.
Nachmittags fuhr ich nach Straßburg, um dort am darauffolgenden
Tage den Kaiser zu empfangen. Wir waren, Alexander, Diringshofen,
Hoseus und Dieckhoff, um ½10 Uhr auf dem Neudorfer Bahnhofe. Im
Zug, der um diese Stunde ankam, waren Prinz Albrecht und die bayrischen
Prinzen. Bald darauf kam der kaiserliche Sonderzug, der den Kaiser und
den Kronprinzen von Italien brachte. Begrüßung und dann Fahrt vor
dem Kaiser, der mit seinen Gästen und Gefolge ritt, nach dem Polygon.
Die Parade war wie alle Paraden. Wir warteten das Ende nicht ab,
sondern fuhren rasch nach Hause, frühstückten und bestiegen dann den
Extrazug der Prinzen, der uns um 4 Uhr nach Metz brachte. Ich ging
auf den Bahnhof, um dort den Kaiser zu erwarten und mit ihm nach
dem Bezirkspräsidium zu fahren, wo wir die Pläne für die Dombauten
ansahen. Abends 7 Uhr war Paradediner, bei dem der Kaiser eine Rede
auf den Großherzog von Baden und das 15. Armeekorps hielt. Abends
kamen einige Herren, darunter auch Caprivi, um bei mir Bier zu trinken.
Man trennte sich um 11½ Uhr.
Den 9. September fuhr ich um ½10 Uhr nach Kurzel, um dort den
Kaiser vor seiner Abreise zu begrüßen. Ich fand Haeseler (der Keiser
war noch in der Kirche), dann kam der Prinz von Neapel mit dem
Zuge von Metz und bald darauf der Kaiser. Ich hatte die Befriedigung,
daß mir der Kaiser für den guten Verlauf des Sôjours von Metz und
Straßburg dankte. Er sagte, in keiner altdeutschen Stadt hätte er einen
besseren Empfang finden können. Als ich ihm sagte, daß ich ihn noch in
Lauterburg sehen würde, meinte er, ich möchte es doch nicht tun und nur
weggehen und Hirsche schießen. Ich protestierte aber und sagte, dann
würde man im Elsaß glauben, ich sei in Ungnade. Der Kaiser erwiderte:
„Dazu ist doch gerade jetzt am wenigsten Veranlassung.“