Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Die Reichskanzlerschaft und das Lebensende (1894 bis 1901) 525 
Fürst Bismarck an den Fürsten Hohenlohe. 
Friedrichsruhe, 22. März 1886. 
Eure Durchlaucht bitte ich, für die wohlwollende und ritterliche Kund- 
gebung, durch die Sie meiner bei der gestrigen Feier gedacht haben, den 
verbindlichsten Ausdruck meines Dankes entgegennehmen zu wollen. 
In der Sitzung des Reichstags vom 18. Mai 1896 bei Gelegenheit 
der Beratung der Militärvorlage gab der Reichskanzler auf eine Anfrage 
des Abgeordneten Lieber die Erklärung ab, der Entwurf einer Militär- 
strafprozeßordnung sei so weit vorbereitet, daß seine Vorlage im Herbst zu 
erwarten sei. Dieser Entwurf werde — vorbehaltlich der Besonderheiten, 
welche die militärischen Einrichtungen erheischen — „auf den Grundsätzen 
der modernen Rechtsanschauungen aufgebaut sein“. 
Aufzeichnung des Fürsten vom 19. Mai. 
Durch meine Erklärung ist folgendes Resultat erreicht: 
1. daß die Annahme der Militärvorlage wegen der vierten Bataillone 
mit großer Mehrheit gesichert ist, 
2. daß jeder Versuch einer Verquickung dieser Frage mit der Militär- 
strafprozeßordnung a limine abgewendet ist, 
3. daß der Frage der Oeffentlichkeit in keiner Weise präjudiziert und 
die Entscheidung darüber bis zum Herbst vertagt ist. 
Journal. 
14. Juni 1896. 
In der Abgeordnetenkammer erlaubte sich Graf Limburg-Styrum 
einen Ausfall gegen mich, indem er sich darüber aufhielt, daß ich bei dem 
Assessorengesetz nicht an der Debatte teilgenommen hätte und daß ich das 
preußische Ministerpräsidium als Nebenamt behandle. Ich benutzte deshalb 
die Gelegenheit einer Interpellation an den abwesenden Landwirtschafts- 
minister, um in dessen Namen die Interpellation zu beantworten und daran 
einige Bemerkungen zu knüpfen, in denen ich die unpassenden Aeußerungen 
Styrums zurückwies. 
Nachmittags war eine lange Sitzung des Staatsministeriums, in 
welcher die umfangreichen Gesetze über die Handwerkerorganisation beraten 
wurden. Es ist ein ziemlich törichtes Gesetz. Wenn aber die Handwerker 
Zwangsinnungen haben wollen, so soll man sie ihnen geben, vorausgesetzt, 
wie ich ausdrücklich hervorhob, daß die Gegenden, Provinzen oder Staaten, 
die die Zwangsinnungen nicht haben wollen, davon befreit bleiben. 
Heute Vormittag kam Li-Hung-Tschang zu mir in seiner gelben Jacke. 
Ich ging ihm bis an die Treppe entgegen und geleitete ihn in mein
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.