526 Die Reichskanzlerschaft und das Lebensende (1894 bis 1901)
Schreibzimmer. Sein Sohn und ein junger Chinese sowie der Dolmetscher
kamen mit. Draußen wartete eine Anzahl chinesischer Diener. Li-Hung-
Tschang, der gar keine Sprache außer Chinesisch spricht, ist trotzdem ganz
unterhaltend. Er interessiert sich für alles, stellt Fragen und ist liebens-
würdig. Er hob hervor, daß wir von demselben Alter seien, und machte
Bemerkungen über die Hygiene des Alters. Er erinnert etwas an Bismarck,
den er auch in Friedrichsruh besuchen will. Um 12½ Uhr feierlicher
Empfang beim Kaiser, an dem ich teilnahm, geschmückt mit dem chinesischen
Drachenorden.
Berlin, 24. August 1896.
Die Entlassung Bronsarts) hat einen riesigen Lärm veranlaßt.
Man fing schon an zu zweifeln, ob ich die Militärstrafprozeßordnung
durchbringen werde. Ich habe deshalb die Erklärung in den „Reichsanzeiger“
setzen lassen: „Wir sind ermächtigt zu erklären, daß“ u. s. w. Ich denke,
über diesen Punkt wird man sich nun beruhigen.
Fürst Hohenlohe an den General von Bronsart.
Eure Exzellenz wollen mir gestatten, Ihnen mein aufrichtiges Be-
dauern über Ihren Rücktritt von der Stelle des Kriegsministers auszu-
sprechen. Wir haben in den zwei Jahren unfsrer gemeinsamen Tätigkeit
in so vollkommener Harmonie gearbeitet, ich bin bei Eurer Exzellenz stets
einer so loyalen und tatkräftigen Unterstützung begegnet, daß ich Ihr
Scheiden aus dem Ministerium persönlich als einen herben Verlust emp-
finde. Die Verdienste Eurer Exzellenz um die Verwaltung und Orga-
nisation des Heeres sind von sachverständigster Seite gewürdigt worden,
und es würde mir als Nichtfachmann nicht anstehen, dem ein Wort hinzu-
zufügen. Aber ich darf die Gelegenheit nehmen, Ihnen herzlichen Dank
zu sagen für Ihre kollegiale Mitarbeit an den Aufgaben des Gesamt-
ministeriums, als deren vornehmsten eine ich die betrachte, den anti-
monarchischen und auf den Umsturz gerichteten Bestrebungen überall ent-
gegenzuwirken. Es wird unvergessen bleiben, was Eure Exzellenz nach
dieser Richtung hin getan haben.
Journal.
Breslau, 5. September 1896.
Heute fuhren wir schon nach 8 Uhr auf den Bahnhof, um die russi-
schen Majestäten zu empfangen. Dort war Aufstellung aller Prinzen und
Generäle. Als der Zug einfuhr, sah ich nur die kleine Großfürstin am
1) Am 14. August 1896.