Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Im Reichstage (1870 bis 1874) 53 
Aufzeichnung des Fürsten mit der Ueberschrift: 
„Antiultramontane Demonstration.“ 
Ich bin der Ansicht, daß das Concilium Vaticanum von 1869/70 
kein ökumenisches ist und daß die Zeit kommen wird, wo die durch dasselbe 
verkündete Unfehlbarkeit des Papstes als Häresie erklärt werden wird. 
Nachdem aber sämtliche Bischöfe und fast der ganze Klerus die verkündete 
Lehre angenommen haben, muf derjenige, welcher diese Lehre verwirft, aus 
der katholischen Kirche ausscheiden. Damit tritt er in die Gemeinschaft 
der Altkatholiken, und jede Tätigkeit innerhalb der katholischen Kirche hört 
für ihn auf. 
Ich habe es deshalb unterlassen, meine Ansicht öffentlich auszusprechen. 
Ich habe es insbesondere deshalb getan, weil ich annehme, daß die alt- 
katholische Kirchengemeinschaft nicht da wird stehen bleiben können, wo sie 
jetzt steht, sondern weitergedrängt werden wird. Ich habe aber kein 
Interesse daran, daß sich eine neue Sekte bilde, wenn ich auch die Alt- 
katholiken vollkommen begreife und die Motive achte, die sie zu ihrem 
öffentlichen Auftreten veranlaßt haben. 
Was mich betrifft, so will ich, daß die katholische Kirche sich aus sich 
selbst reformiere. Das kann und wird sie nur unter Mitwirkung ihrer 
Bischöfe. Diese Mitwirkung wird aber erst dann eintreten, wenn der Zeit- 
punkt gekommen sein wird, wo ein wahres ökumenisches Konzil zusammen- 
tritt. Ist das eine leere Hoffnung, so ändert es nichts an meiner jetzigen 
Haltung. In diesem Falle ist die katholische Kirche dem Untergange geweiht, 
und dann werden sich andre Religionsformen bilden, über die wir jetzt 
nicht zu diskutieren haben. Vorläufig habe ich diese Hoffnung, und deshalb 
warte ich ab. Deshalb bleibe ich in der Kirche, ohne zu den Ultramon- 
tanen überzugehen. Dies zur Begründung meines persönlichen Stand- 
punkts. 
Was uns zusammenführt, ist, wenn ich nicht irre, rein negativer Natur. 
Wir wollen konstatieren, daß es Katholiken gibt, welche nicht ultramontan sind. 
Ich kann den Begriff des Ultramontanismus nicht anders definieren 
als so: Derjenige ist ultramontan, welcher seine Meinungen und Hand- 
lungen durch die Instruktionen des Jesuitenordens bestimmen läßt. 
Nachdem nämlich das Vatikanische Konzil die Tat des Jesuitenordens 
war, nachdem die Bischöfe sich diesem Konzil unterworfen haben und den 
Jesuiten weiter Folge leisten, sind auch diejenigen Katholiken, welche nach 
den Instruktionen ihrer Bischöfe oder der von den Jesuiten geleiteten 
Presse handeln, unter dem Einflusse des Jesuitenordens. 
Unsere Gemeinschaft kann also im Grunde als eine Opposition gegen 
den Jesuitenorden bezeichnet werden. Das führt auf das Programm:
	        
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