62 Im Reichstage (1870 bis 1874)
war von unsrer Fraktion vorgeschlagen mit Marquard Barth. Die
Kommission konstituierte sich sofort, und ich wurde zum Vorsitzenden ge-
wählt. Ich schickte dann gleich ein Schreiben an Bismarck, um ihn für
abends 7 Uhr zu einer Sitzung einzuladen.
Um 7 Uhr war ich wieder im Reichstag, um pünktlich auf meinem
Posten zu erscheinen. Wir warteten bis ½8 Uhr, da Bismarck erst beim
Kaiser gewesen war. Nachdem ich die Sitzung mit der Bemerkung eröffnet
hatte, daß man sich am Vormittag dahin entschieden habe, keinen Referenten
zu ernennen, entstand eine Pause. Man wartete gegenseitig, worauf
Bismarck die Stille unterbrach und sich bereit erklärte, Auskunft zu er-
teilen, wenn man ihn frage. Zunächst nahm nun Hennig das Wort und
verlangte Auskunft, wer Dotationen erhalten solle, darauf aufmerksam
machend, daß auch Delbrück nicht ausgeschlossen werden solle. Dann kam
Schulze-Delitzsch, der sich im allgemeinen gegen Dotationen aussprach.
Bismarck sagte nun, daß man über die Namen noch nichts sagen könne.
Es sei noch zweifelhaft, ob Prinz Friedrich Karl und der Kronprinz von
Sachsen Dotationen bekommen sollten. Vom Kronprinzen von Preußen
sei keine Rede; er, Bismarck, sei auch nicht dabei beteiligt, da der König
ihm die Grundlage zu seinem Fürstentitel in andrer Weise geben würde.
Wegen des Kronprinzen von Sachsen und wegen der bayrischen Generale
müsse man erst bei den betreffenden Souveränen anfragen. Man werde
nicht unter die kommandierenden Generale heruntergehen, und vielleicht
nur bezüglich einzelner Chefs der Generalstäbe eine Ausnahme machen.
Es würden etwa ein Dutzend Generale werden.
von Lenthe sprach dann heftig gegen jede Dotation. Die Generale
könnten sich mit ihrem Ruhm genügen lassen. Bismarck antwortete ihm,
hob dabei besonders hervor, daß man ja im Jahre 1815 auch Dotationen
gegeben habe, wo das Land ausgesogen gewesen sei. Jetzt habe man Geld
genug, und es komme auf ein paar Millionen nicht an.
Kiefer sprach gegen die Verallgemeinerung der Dotationen, im ganzen
aber für die Vorlage. Reichensperger dafür, will aber die Prinzen aus-
geschlossen wissen.
Craemer ist für Bewilligung von vier Millionen, will aber selbst
dagegenstimmen.
Frankenberg und Friedenthal sprechen gegen die Aufnahme der Namen
in das Gesetz.
Bennigsen will eigentlich weniger bewilligen; stellt aber kein Amende-
ment. Schulze sagt, die Vorlage sei noch nicht reif.
Bismarck sagt, bewillige man nur drei Millionen, so würden die
Prinzen unberücksichtigt bleiben. Mir ins Ohr sagte er dann, es sei ihm
lieber, wenn die Prinzen nichts bekämen. Ich konnte aber doch nicht