Bergrecht. 293
Die Bergwerksbesitzer können in Preußen (§ 80) Arbeiterordnungen für ihre Berg-
werke errichten 6 welche sich als allgemeine Vertragsofferten darstellen, nach deren
Bedingungen die Werksbesfitzer Arbeiter auf der Grube beschäftigen wollen. Tritt
der Arbeiter nach genommener Kenntniß von der Arbeiterordnung in die Arbeit ein,
so sind die Bestimmungen der ersteren, soweit nicht ein Separatabkommen vorliegt,
für das Arbeitsverhältniß maßgebend; die Arbeitsordnungen müssen alsbald zur
bergbehördlichen Kenntniß gebracht werden. Im Königr. Sachsen (§ 78) ist die
Einrichtung von Arbeiterordnungen bei Werken mit mehr als 10 Arbeitern obli-
gatorisch; jede Arbeitsordnung ist der Ortsverwaltungsbehörde vorzulegen,
welche insbesondere einem etwaigen Uebermaße der Strafen (Geldstrafen, Straf-
schichten) entgegenzutreten hat. In Oesterreich (§ 200) muß bei jedem Werke
eine der bergbehördlichen Bestätigung unterworfene Dienstordnung verfaßt werden.
III. Die Einrichtung des Grubenhaushalts (Wirthschafts= und Rech-
nungswesen) sowie des technischen Betriebes war, nach den Grundsätzen des
früheren Rechts, ganz den Anordnungen des Bergamtes gemäß zu treffen, welches
insbesondere bei den fiskalischen und gewerkschaftlichen, also bei allen bedeutenderen
Gruben eine intensive Leitung des ganzen Bergbaues führte (Direktionsprinzip:
gute Darstellung bei Hake, Kommentar zu §§ 353 ff.). Es ist das Verdienst der
Französischen Berggesetzgebung, mit dieser unhaltbar gewordenen Institution zuerst ge-
brochen und die bergrechtlichen Normen über die Art und Weise des Gruben-
betriebes auf das im öffentlichen Interesse nothwendige Maß zurückgeführt zu haben;
Preußen folgte, während Oesterreich und Königreich Sachsen theilweise beim alten
Rechte blieben. Sie fordern, daß verliehene Bergwerke, außer im Falle besonderer
Fristung, stets in angemessen starkem Betriebe (bauhaft) gehalten werden; nach
Französisch-Preußischem R. besteht dagegen Betriebszwang nur, wenn der Betriebs-
aussetzung überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen (Anzeige
vom Betriebsbeginn und Einstellung fordert Preußen §5 66, 71). Bei unzuläs-
sigem Nichtbetriebe kann überall Feldesentziehung erfolgen. Nächstdem sind in
allen Ländern die Bergwerksunternehmer verpflichtet, beim Betriebe der Bergwerke
die öffentliche Sicherheit nicht zu verletzen (s. d. Nähere im Art. Bergpolizei).
IV. Auch die früher weit ausgedehnte Berechtigung des Grubenbesitzers gegen-
über den Nachbarbergwerken, beim Betriebe die fremden Baue mit zu be-
nutzen, wenn auch gegen Entschädigung (Bergbaudienstbarkeiten oder richtiger Nach-
barrecht der Bergwerksunternehmer), wie sich solche noch im geltenden Oesterreichischen
und königl. Sächsischen R. findet (§§ 191 ff., 8§. 117 ff.), ist in Preußen (§ 60) auf
ein engeres Maß zurückgeführt. Hiernach ist der Bergwerkseigenthümer nicht nur
befugt, im freien Felde Hülfsbaue (Stölle, Strecken rc.) anzulegen, sondern dieselbe
Befugniß steht ihm auch im Felde anderer Bergwerkseigenthümer zu, sofern die
Hülfsbaue die Wasser= und Wetterlösung oder den vortheilhafteren Betrieb des
Bergwerks, für welches die Anlage gemacht werden soll, bezwecken, und der eigene
Bergbau des Anderen dadurch nicht gestört noch gefährdet wird; der Letztere hat
Anspruch auf Entschädigung und unentgeltliche Abgabe der gewonnenen, ihm ver-
liehenen Mineralien. Ob wegen Beschädigung fremder Grubenbaue im Uebrigen
vom Bergbauberechtigten dem Besitzer der ersteren Ersatz zu leisten ist, bestimmt
sich im Allgemeinen (s. jedoch Königr. Sachsen 1868, § 120; Frankreich 1810,
Art. 45) ebenso nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wie die Frage, ob und wie-
weit der Grundeigenthümer für Beschädigungen, welche er einem Bergwerke zu-
fügt, haftet.
D. Im Staatsrechte giebt der Bergbau in zweifacher Hinsicht Anlaß zu
Spezialbestimmungen. Zunächst I. erfordert die Ueberwachung des Vergwerks-
betriebes vom Standpunkte des öffentlichen Sicherheitsinteresses die Ausstellung berg-
technisch gebildeter Aufsichtsbeamten, welche in den Deutschen Ländern im Anschlusse
an das unter der Herrschaft der Regalitätstheorie eingesetzte besondere Bergbe-