Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

576 Durchsuchungsrecht. 
aussetzung für Ausübung desselben zugestanden. Die Visite zu acceptiren und die 
Recherche zu verwerfen, wie Hautefeuille Das thut, ist unzulässig, wol aber müssen 
die rechtlichen Bedingungen für die Anwendung des D. festgestellt werden. Nach 
Englischer Auffassung sind denn auch visit und search verschieden, nach Amerikanischer 
identisch (Phillimore, I. 326). Verordnungen und Verträge regeln hauptsächlich 
nur das Visitationsrecht, die bisher zum Theil nicht veröffentlichten, von den Ver- 
tretern der Theorie aber fast gar nicht verwandten Prisenreglements und Instruk- 
tionen für die Befehlshaber von Kriegsschiffen Kriegführender, enthalten aber auch 
Festsetzungen über das D. und werden wir, nach Veröffentlichung jener Reglements 
und Instruktionen für die große Mehrzahl der Seestaaten in unserer in der Revue 
de droit international vom Jahre 1878 (X. 185—268. 384—444. 595—655) 
enthaltenen Monographie: „Le droit des prises maritimes“ die Bestimmungen der- 
selben über das Visitations= und D. hier verwenden. Ebendaselbst haben wir auch 
die bezüglichen Vertragsbestimmungen mitgetheilt, Verträge über die „visite des 
bätiments“ s. unter dieser Rubrik bei Martens und de Cusffy. Vgl. auch Haute- 
feuille über Verordnungen und Verträge 390 u. 379, und Phillimore III. 466 ff. 
1) Das Visitations= und D. werden in Kriegszeiten gegenüber Kauffahrern ge- 
übt von der Kriegserklärung an bis zum Friedensschluß, nicht aber während eines 
Waffenstillstandes, durch Befehlshaber von kreuzenden Kriegsschiffen (croiseurs) der 
Kriegführenden oder auch von Kaperschiffen dieser, falls sie zu denjenigen Staaten 
gehören, welche der Abschaffung der Kaperei durch die Pariser Seerechtsdeklaration 
vom 16. April 1856 noch nicht beigetreten sind, aber nur in Gewässern der Krieg- 
führenden und auf offener See, nicht im neutralen Gebiet und nicht gegen Kriegs- 
und ostensible Staatsschiffe Neutraler (Phillimore III. 424 und 433, Haute- 
feuille 218 u. 216, v. Kaltenborn, Seerecht, II. 457, Heffter, § 168). Wenn 
Heffter und v. Kaltenborn auch gegen die Ausübung des Rechts im Gebiet 
verbündeter Staaten sich ausgesprochen, so kann diese Ausnahme, falls sie Kriegs- 
verbündete sind, nicht gelten und wenn in Prisenkonventionen von Kriegsallürten 
das Prisenrecht in den Gewässern des Verbündeten zugestanden wird, so ist impli- 
cite damit auch das Visitations= und D., welche erst zu jenem führen, zugestanden. 
Daß aber in der Regel nicht in neutralen Gewässern das Visitations= und D. aus- 
geübt werden darf, folgt schon aus den in verschiedenen Prisenreglements enthaltenen 
Bestimmungen, daß das Prisenrecht in jenen Gewässern nicht ausgeübt werden darf. 
Prisenreglements, sowie Verträge enthalten aber Bestimmungen über die Natur, 
Fälle und Folgen der Anhaltung (arrêt), überhaupt kann aber die Anhaltung 
gegenüber allen, auch dem convoyirenden Schiff stattfinden, wenn auch die 
Bisitation dieses und der von ihm convoyirten Schiffe nicht stattfindet, denn das 
convoyirende Schiff muß Auskunft geben über die convoyirten und zu dem Zweck 
angehalten werden, wenn es nicht dazu selbst anhält. Freilich wird der Arrét rück- 
sichtlich convoyirter Schiffe reglementsmäßig in der Regel ausgeschlossen, aber der 
Arret des convoyirenden Schiffes konnte dadurch nicht ausgeschlossen werden, die 
Französ. Instr. compl. 1. sagen daher auch sehr richtig: „Un bätiment convoyé ne 
doit pas ét revisite“. Nach dem Dänischen Reglement vom 16. Februar 1864 §. 13 
und der Oesterr. Verordn. vom 3. März 1864 § 8 muß der Kommandant des 
Kreuzers eines Kriegführenden, welcher einem nicht convoyirten Kauffahrteischiff be- 
gegnet, dasselbe anrufen und den Schiffsführer mit den Schiffspapieren zu sich an 
Bord kommen lassen, während nach dem Preußischen Prisenreglement vom 20. Juni 
1864 §. 11 der Befehlshaber des Kriegsschiffes dem Kauffahrteischiff das Signal 
giebt beizulegen oder zu stoppen und sodann den Schiffer mit Schiffspapieren zu 
sich an Bord kommen läßt. Indeß ist dieses Hinbeordern der Schiffskapitäne durch 
viele Verträge von 1800 bis in die neueste Zeit verwehrt worden (Hautefeuille 
382) und erscheint auch ganz unzulässig, da doch eine Unterordnung des Kauf- 
fahrteifahrers unter das kreuzende Kriegsschiff nicht stattfindet. Von neuesten Ver-