Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

106 Gerichtsverfafsung. 
schiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 Art. 83, 34, 37; Elbschiffahrtsakte vom 
23. Juni 1821 Art. 26, nebst Additionalakte vom 13. April 1844 §8 46, 47). 
b) „Gerichte, welchen die Entscheidung von bürgerlichen Rechtestreitigkeiten bei der 
Ablösung von Gerechtigkeiten oder Reallasten, bei Separationen, Konsolidationen, 
Verkoppelungen, gutsherrlich = bäuerlichen Auseinandersetzungen und dergleichen ob- 
liegt.“ (Die Erweiterung der hier erxemplifizirend ausgeführten Fälle wird richtig in 
der Weise bewirkt werden, daß man alle diejenigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten 
hierher rechnet, welche auf der Grundlage der sog. Landeskultur = Gesetzgebung 
entstehen.) c) Gemeindegerichte. Hierüber vgl. diesen Art. d) Gewerbe- 
gerichte. Hierüber vgl. diesen Art. sowie auch Gew. O. v. 21. Juni 1869 58 108. 
Die „ordentliche“ Gerichtsbarkeit wird aber 
3) auch dadurch eingeschränkt, daß für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und 
Strafsachen „die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten 
begründet ist“. · 
Welche bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten den Verwaltungsbehörden oder Ver- 
waltungsgerichten zuzuweisen sind, das zu bestimmen ist Sache der Landesgesetz- 
gebung. Diese ist begüglich der Kompetenzvertheilung im Allgemeinen nicht be- 
schränkt; und die zur Zeit in den einzelnen Staaten bestehende Kompetenzvertheilung 
ist das Resultat einer historischen Entwicklung, die in den einzelnen Staaten einen 
recht verschiedenartigen Verlauf genommen hat. (Vgl. hierüber namentlich Her- 
mann Schulze, Das Preußische Staats R. [Leipzig 1877), Bd. II. S. 275 ff.) 
Die Reichsgesetzgebung hat bis jetzt folgende Vorschriften getroffen, durch welche das 
freie Ermessen der Einzelstaaten, die Entscheidung bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten den 
ordentlichen Gerichten zu entziehen und den Verwaltungsbehörden und Verwaltungs- 
gerichten zuzuweisen, eingeschränkt wird. Nach dem EG. zur CPO. § 4 darf in 
solchen Rechtsstreitigkeiten, für welche nach dem Gegenstand oder der Art des An- 
spruchs der Rechtsweg überhaupt zulässig ist, dieser um deswillen, weil als Partei 
der Fiskus, eine Gemeinde oder eine andere öffentliche Korporation betheiligt ist, 
nicht ausgeschlossen werden; nach § 5 desselben Gesetzes soll, wenn gegen Landes- 
herren, gegen Mitglieder der landesherrlichen Familien, sowie gegen Mitglieder der 
fürstlichen Familie Hohenzollern vermögensrechtliche Ansprüche geltend gemacht 
werden, die Zulässigkeit des Rechtsweges von der Einwilligung des Landesherrn un- 
abhängig sein und nach § 9 des GWG. soll der Rechtsweg nicht ausgeschlossen 
werden wegen vermögensrechtlicher Ansprüche der Richter aus ihrem Dienstverhältnisse, 
insbesondere auf Gehalt, Wartegeld oder Ruhegehalt. 
Nach dem Wortlaute des GVG. 8§ 13 würde es auch der Landesgesetzgebung 
zustehen, darüber zu befinden, welche Strafsachen von den Gerichten zu entscheiden 
sind und welche zur Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden oder der Verwaltungs- 
gerichte gehören. Indessen der Wortlaut ist hier nicht das Entscheidende, sondern 
die Sache verhält sich in folgender Weise: 
1) Wenn reichsgesetzlich die Entscheidung von Strafsachen Verwaltungs- 
behörden zugewiesen wird, so versteht es sich von selbst, daß durch das Reichsgesetz 
die Zuständigkeit der von diesem Gesetze bezeichneten Behörde für die ihrer Ent- 
scheidung zugewiesenen Strafsachen begründet wird. Eine derartige reichsgesetzliche 
Zuweisung von Strafsachen an Verwaltungsbehörden des Reiches ist aber bis jetzt 
nur in folgenden beiden Fällen erfolgt: durch das Ges. über das Postwesen v. 28. Okt. 
1871 §§ 34 ff. und durch die Seemannsordnung vom 27. Dez. 1872 8§8§ 101 ff. 
2) Wenn bundesstaatliche Verwaltungsbehörden zur Entscheidung von 
Straffachen zuständig sein sollen, so muß deren Zuständigkeit reichsgesetzlich gestattet 
sein, und ist dies in den beiden Fällen geschehen, von denen §8 453 ff. und 
1459 ff. der Strafp O. handeln. (Vgll. das Nähere in meinem Kommentar 
zur Strafp O., zum EG. zur Straf O. § 3 Abs. 1, an welcher Stelle auch 
der Begriff der „Strafsache“ im Gegensatz zur Disziplinarsache und zu den
	        
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