144 Geschworene.
Gericht kann nicht verpflichtet sein, eine ihm bekannt gewordene und behebbare
Unregelmäßigkeit fortbestehen, sortwirken zu lassen und abzuwarten, ob später
nicht das Verfahren vernichtet wird. Diese Gefahr liegt nahe. Nach § 377,
Z. 1 der StrafPO. ist ein Urtheil stets als auf einer Verletzung des Gesetzes be-
ruhend anzusehen, wenn die G. bank „nicht vorschriftsmäßig besetzt war“; diese
Bestimmung reicht um so weiter, weil der Fall der Mitwirkung eines ausge-
schlossenen G. in Z. 2 besonders berücksichtigt ist.
II. Rechtliche Stellung der G. Das G.amt ist ein öffentliches Ehren-
amt; seine Uebernahme ist die Erfüllung einer öffentlichen Pflicht, welche alle
trifft, die gesetzlich hierzu berufen werden, ohne daß ihnen eine Befreiung zu statten
kommt.
1) Die Verpflichtung der G. im weiteren Sinne besteht darin, daß sie sich
zur Ausübung des Amtes bereit und zur Verfügung stellen. Sie wird begründet
durch die ordnungsmäßige Ladung der G. (s. diesen Art.). Die Ladung schon
legt dem G. Verpflichtungen auf, deren Erfüllung unmittelbar nicht durchaus zu
erzwingen ist: er hat die Hindernisse, welche der Ausübung des Dienstes entgegen-
stehen könnten, sobald als möglich dem Gerichte anzuzeigen und andererseits Alles
zu unterlassen, was seine Unbefangenheit bei der Entscheidung über eine der bevor-
stehenden Verhandlungen beeinträchtigen könnte. Er ist ferner verpflichtet, sich am
Tage der Eröffnung der Schwurgerichtsperiode und bei jeder folgenden Hauptver-
handlung, für welche nicht eine schon gebildete G. bank bestimmt ist, rechtzeitig ein-
zufinden und sich erst zu entfernen, wenn feststeht, daß er zur Besetzung der G. bank
nicht benöthigt werde. Der zur wirklichen Ausübung des Amtes Berufene hat
seinen Platz auf der G. bank einzunehmen, den Eid zu leisten, der Verhandlung
aufmerksam zu folgen, nach Unterbrechung der Sitzung sich rechtzeitig wieder ein-
zufinden, den Anordnungen des Vorsitzenden, welche sich auf Vorgänge in der
Hauptverhandlung beziehen, zu entsprechen, sich nach Schluß der Verhandlung mit
den anderen G. in das Berathungszimmer zu begeben und von diesem Augenblick
an bis zur definitiven Abgabe des Wahrspruches sich jedes Verkehrs mit Anderen
zu enthalten. Letzteres ist in der Deutschen StrafO. § 303 indirekt aus-
gesprochen (es „darf keinerlei Verkehr stattfinden"). Das Oesterr. Gesetz (§ 327)
verbietet den G. das Berathungszimmer zu verlassen, bevor sie ihren Ausspruch
gefällt haben; außerdem verpflichtet es durch den in § 313 vorgeschriebenen Eid
den G. „vor seinem Ausspruch über den Gegenstand der Verhandlung mit Niemand
außer den Mit--G. Rücksprache zu nehmen.“
2) Verantwortlichkeit. Nach § 96 in Verbindung mit § 56 des
Deutschen GV. werden G., „welche ohne genügende Entschuldigung zu den
Sitzungen rechtzeitig sich nicht einfinden oder ihren Obliegenheiten in an-
derer Weise sich entziehen (auf diese Worte nimmt Löwe, § 178 N. 3b
Bezug, um zu begründen, daß auch gewisse Ordnungswidrigkeiten der G. geahndet
werden können) zu einer Ordnungsstrafe von 5 bis zu 1000 Mark sowie in die
verursachten Kosten verurtheilt". Diese Verurtheilungen werden „von den richter-
lichen Mitgliedern der Schwurgerichte erlassen“ und unterliegen der Beschwerde.
Die Vorschützung einer unwahren Thatsache als Entschuldigung wird nach § 138
des RöStraf CB. mit Gefängniß bis zu zwei Monaten gestraft. Nach § 22 des
Oesterreichischen Gesetzes über die Bildung der Gllisten ist jeder G., welcher
ungeachtet der an ihn ergangenen Vorladung, ohne ein unabwendbares Hinderniß
zu bescheinigen, ausbleibt, von dem Schwurgerichtshofe in eine Geldstrafe bis
50 Gulden, im Wiederholungsfalle aber bis 100 Gulden zu verurtheilen. Dieses
Erkenntniß kann wol der Schwurgerichtshof oder der an dessen Stelle tretende
Gerichtshof erster Instanz auf Einspruch des Verurtheilten aufheben oder mildern;
gegen die über den Einspruch ergangene Entscheidung aber findet kein Rechtsmittel
statt. Nach § 311 der Oesterreichischen StrafP O. hat der Vorsitzende „die Pflicht,