Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

162 Gewerbefreiheit. 
Etablissement beschäftigten Personen das Hauptgewicht; die R. Gew. Nov. vom 17. Juli 
1878 Art. 2 Nr. 8 erklärt endlich, daß alle diejenigen Werkstätten, in denen eine 
regelmäßige Benutzung von Dampfkraft stattfindet, den Bestimmungen der sog. Fabrik- 
gesetzgebung unterworfen sein sollen. Ohne erhebliches praktisches Interesse ist noch 
der Unterschied von eigentlichen Handwerken und sonstigem Gewerbe (Gast= und 
Schankwirthschaften, Viktualienhandlungen, Fuhrgewerben). 
3) Die Gewerbtreibenden. Die Gew. O. unterscheidet zwischen selbständigen 
Gewerbtreibenden, Gewerbegehülfen und Gewerbestellvertretern. Die Selbständigkeit des 
G. ist dadurch bedingt, daß das Gewerbe unter eigener Verantwortlichkeit und für 
eigene Rechnung betrieben wird, so daß also diejenigen Personen, welche von einem 
Unternehmer gegen festes Gehalt engagirt werden, zu selbständigen Gewerbtreibenden 
nicht gehören. Der selbständige Betrieb kann nicht nur von einem Einzelnen, son- 
dern auch von einer Vereinigung mehrerer resp. von einer juristischen Person er- 
solgen; bei konzessionspflichtigen Gewerben, namentlich bei solchen, wo die Konzessions- 
ertheilung durch persönliche Eigenschaften bedingt ist, kann jedoch niemals die juristische 
Person als solche, sondern nur ein Stellvertreter konzessionirt werden, während die 
mehreren Sozien jeder für sich die Konzession erlangen müssen. — Unter Gewerbe- 
stellvertretern versteht man diejenigen, welche den eigenen Betrieb des selbständigen 
Gewerbtreibenden in der Weise ersetzen, daß dieser daneben gar nicht mehr in Be- 
tracht kommt. Eine solche Stellvertretung ist beim Gewerbe im Umherziehen regel- 
mäßig ausgeschlossen. Jedenfalls müssen die Stellvertreter den für das fragliche 
Gewerbe vorgeschriebenen Erfordernissen genügen. — Gewerbegehülfen endlich sind 
diejenigen, welche eine neben dem selbständigen Gewerbtreibenden stattfindende, von 
diesem beaussichtigte Thätigkeit entwickeln; sie bedürfen daher unter keinen Umständen 
einer Konzession. Diese Gewerbegehülfenf chaft beruht zwar regelmäßig wie bei Ge- 
sellen, Lehrlingen, Fabriksarbeitern auf einem Vertrage; es können jedoch auch ohne 
einen solchen insbesondere die Familienglieder des Gewerbtreibenden Handlungen vor- 
nehmen, durch welche sie diesen in seinem G. unterstützen. 
4) Die Ausübung des G. Die R. Gew.O. bezieht sich nur auf die Be- 
rechtigung zum G. Es bleiben daher neben derselben alle polizeilichen Landes- 
vorschriften, welche auf die Ausübung desselben influiren, in voller Kraft bestehen; 
insbesondere die Bestimmungen über die Polizeistunde in Bezug auf den Betrieb der 
Gast= und Schankwirthschaften, die sanitätspolizeilichen Vorschriften in Bezug auf 
den Betrieb der Krankenanstalten, die sitten-, bau= und feuerpolizeilichen Vorschriften 
hinsichtlich der Theater. 
Lit.: Vgl. die Lit. hinter d. Art. Gewerbeordnung. Außerdem noch: Meves, Die 
strafrechtlichen Bestimmungen in der Deutschen Gewerbeordn. (Bezold, Gesetzgebung des 
Deutschen Reichs, Th. III. Bd. I. Heft 6 /1877)). — Weinheimer, Die Stellverkriung im 
Gewerbebetrieb, Stuttg. 1879. Ernst Meier. 
Gewerbefreiheit. I. Die Befugniß zum Gewerbebetriebe. Der 
Betrieb eines stehenden Gewerbes ist im Allgemeinen einem Jeden gestattet. Es 
soll zwar gleichzeitig mit dem Beginne des Gewerbebetriebs eine Anzeige persönlich 
oder durch Dritte, auch schriftlich an die landesgesetzlich zuständige Behörde, in 
Preußen an die Gemeindebehörde (Magistrat, Schulze) erstattet werden, die binnen 
drei Tagen den Empfang zu bescheinigen hat; die Unterlassung dieser Anzeige wird 
zwar als Uebertretung bestraft, hat aber weitere Wirkungen nicht und führt namentlich 
keine polizeiliche Verhinderung des ohme Anzeige angefangenen Betriebes herbei. Es 
wird dann außerdem für gewisse Gewerbe, insbesondere für die Feuerversicherungs- 
agenturen, sowie für die sog. Preßgewerbe (Buchhandlungen, Leihbibliotheken, Zeitungs- 
expeditionen) eine Anzeige bei der Ortspolizeibehörde verlangt, für letztere mit Be- 
zeichnung des Lokals und jedes späteren Wechsels desselben; indessen hat die Unter- 
lassung der Anzeige wieder nur die Wirkung, daß sie als Uebertretung bestraft wird, 
während die Berechtigung zum Gewerbebetriebe davon unabhängig ist. Endlich ist
	        
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