172 Gewerbeordnung.
1864 nur noch wenige Übrig geblieben waren. Uebrigens hatte die Bewegung von
1848 in ganz analoger Weise auch in anderen Deutschen Staaten sich geltend gemacht,
namentlich was die Entwicklung der Oannov. Gew. Gsgb. betrifft. Es wurde nämlich
die nach vielen Kämpfen, insbesondere mit den Magistraten, unter dem 1. August
1847 neu erlassene G., die übrigens nur eine Beschränkung der äußersten Auswüchse
des Zunftwesens war, unmittelbar vor dem Termin ihrer Geltung, 1. Juli 1848,
durch Gesetz vom 15. Juni 1848, in zunftmäßigem Sinne wesentlich umgestaltet
(ogl. Bening, Zur G., Hannover 1857).
6) Durch die Gesetze vom 22. Juni 1861, betr. die Abänderung einiger Be-
stimmungen der Allgem. G., und vom 1. Juli 1861, betr. die Errichtung gewerblicher
Anlagen, ist sodann eine weitere Fortbildung dieses Zweiges der Preuß. Gesetzgebung
erfolgt, indem insbesondere das Gesetz vom 22. Juni 1861 erhebliche Einschränkungen
des polizeilichen Konzessionssystems und eine Erweiterung der Gewerbefreiheit, soweit
diese von dem landespolizeilichen Konzessionswesen abhängt, angeordnet hat, während
das Gesetz vom 1. Juli 1861, betr. die Errichtung gewerblicher Anlagen, theils die
Gattungen der konzessionspflichtigen Anlagen richtiger, als die Allgem. G. bestimmt,
theils das Verfahren über die polizeiliche Genehmigung solcher Anlagen zweckmäßiger
geordnet hat. Dagegen ist eine tiefere Umgestaltung der auch äußerlich ziemlich
schwer übersehbaren Gew. Gsgb., trotz mehrfacher Anregungen des Abgeordnetenhaufes
in den Jahren 1862 und 1863, nicht erfolgt.
7) Unterdessen hatte Art. 4 Nr. 1 der Verfassung des Nordd. Bundes bestimmt,
daß zur Kompetenz des Bundes auch die Bestimmungen über den Gewerbebetrieb
gehören sollten. Demgemäß hat zunächst das Gesetz vom 8. Juli 1868, betr. den
Betrieb der stehenden Gewerbe, das sog. Nothgewerbegesetz, einige Fundamentalsätze
aufgestellt, die für den größten Theil Deutschlands die Gewerbefreiheit erst brachten.
Endlich hat dann die Gew. O. für den Nordd. Bund v. 21. Juni 1869 das gesammte
System der Gewerbe-Gsgb. neu regulirt; die Nordd. Bundes-G. aber ist später auf
den ganzen Umfang des Reichs, mit Ausnahme von Elsaß-Lothringen, ausgedehnt
worden.
Die RGew. O. schließt sich, wie die Reichsgesetzgebung überhaupt, der bisherigen
Preußischen eng an; insbesondere bildet die Preuß. Gew.O. von 1845 die Grundlagen
der jetzigen RGew. O., sowol in innerer, als in äußerer Beziehung, indem nicht blos
die materiellen Normen in beiden Gew. O. durchweg dieselben sind, sondern auch in Bezug
auf die Anordnung der Materie eine fast vollständige Uebereinstimmung herrscht; nur
ist die neue RGew. O. durch zwei Materien vermehrt worden, nämlich einerseits durch
die Normen über das Hausirgewerbe, andererseits durch die sog. Fabrikgesetzgebung.
Während aber die Vorschriften über das Hausirgewerbe eine vollständige Umgestaltung
erfahren haben gegenüber dem Preußischen Regulativ vom 28. April 1824, so sind
bezüglich der Fabrikgesetzgebung nur die in Preußen schon bestehenden Normen wörtlich
recipirt worden. Die materiellen Normen der Bundes-Gew. O. stimmen mit den Normen
der Preuß. Allgem. Gew.O., sowie der Gesetzgebung von 1861, insbesondere hinsichtlich
der gewerblichen Anlagen meist wörtlich überein, dagegen ist die Verordn. von 1849
gänzlich beseitigt, und in einigen wenigen Punkten haben Modifikationen im Sinne
einer weiteren Erleichterung des gewerblichen Betriebs stattgefunden, namentlich hin-
sichtlich solcher Gewerbtreibender, welche, wie Aerzte, Schauspielunternehmer, Gast-
und Schankwirthe, einer besonderen Genehmigung bedürfen.
8) Die Rew.O. ist seitdem abgeändert worden zunächst durch das Gesetz vom
8. April 1876, betr. die Abänderung des Tit. VIII. der Gew. O., welches an die
Stelle des aufgehobenen § 141 sieben neue §§ 141 a—f setzte, sodann durch das
Gesetz vom 7. Juli 1878, betr. die Abänderung der Gew.O., durch welches der ganze
Tit. VII. der Gew.O., der die Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter regelt, in der
Weise aufgehoben wird, daß an Stelle der 88 105—139 die §§ 105—139 b treten,
und daß außerdem die Strafbestimmungen in den §§ 146—154 modifizirt werden,