Gewerbesteuer. 173
endlich durch das Gesetz vom 23. Juli 1879, betr. die Abänderung einiger Be-
stimmungen der Gew.O., durch welches namentlich die §§ 30 Abs. 1, 33 Abs. 3,
34 und 38 abgeändert sind, im Sinne einer Einschränkung der Gewerbefreiheit in
Bezug auf Privat-Kranken-, Irren= und Entbindungsanstalten, in Bezug auf Gast-
und Schankwirthschaften und in Bezug auf das Geschäft der Pfandleiher.
Lit.: Brentano, Die Gewerbefreiheit im Mittelalter, Tüb. Zischr. Bd. XXX II.
(1877) S. 267 ff. — Cohn, Die wirthschaftliche Freiheit in der älteren Englischen Gesetzgeb.,
ebenda S. 541 ff. — Schmoller, Zur Geschichte der Deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrh.,
Halle 1870. — Roth, Bayer. Civ.R., III. 6 ff., 182 ff. — Farnam, Die neuere Franz.
ewerbepolitik von Colbert bis Turgot, Leipz. 1878. — Ch. Meyer, Die Anfänge der
Deutschen Gewerbeverfassung (Preuß. Jahrb. 1878). — Kaizl, Der Kampf um Gewerbe-
reform und Gewerbefreiheit in Bayern von 1799—1868, Leipz. 1869. — J. G. Hoffmann,
Die Befugniß zum Gewerbebetrieb mit besonderer Rücksicht auf den Preuß. Staat, Berlin
1841. — v. Mohl, Polizeiwissenschaft, 3. Aufl. 1866, Bd. II. S. 270 ff. — v. Rönne, Die
Gewerbepolizei des Preuß. Staats, 2 Bde., Bresl. 1851; Derselbe, Das Staatsrecht der
Preuß. Monarchie, 3. Aufl. 1872, Th. II. Abth. 2 S. 358 ff.; Derselbe, Staatsrecht des
Deutschen Reichs, Bd. I. (1876) S. 133 ff. — Laband, Staatsrecht des Deutschen Reichs,
Bd. II. (1878) S. 456 ff. — Beseler, System des gem. Deutschen Priv. R., 3. Aufl. 1873,
Bd. II. S. 868 ff. — Meves, Die strafrechtlichen Bestimmungen d. Gew.O. (Bezold III. 1, 6). —
Hartmann, Die neben dem Straf GB. geltenden Strafgesetze, 1873, S. 240 ff., 698 ff. —
Jacobi, Die Gewerbegesetzgebung im Deutschen Reiche, Berl. 1874. — Seydel, Das Ge-
werbepolizeirecht nach der RGew.O. (Hirth's Annalen 1878, S. 529 ff). — v. Aster, Die.
Allg. Gew.O. v. 17. Jan. 1845, zusammengestellt mit den Gesetzen und Verordnungen, welche neben
der ällg Gew.O in gewerbepolizeilicher Hinsicht in Anwendung kommen, Berl. 1865. — Koller,
Die Deutsche Gew.O. aus den Materialien erläutert, 1869.
Ernst Meier.
Gewerbesteuer. Die Zulässigkeit einer besondern G. neben einer allgemeinen
Klassen= resp. Einkommensteuer rechtfertigt sich insbesondere durch die Möglichkeit
einer Ueberwälzung mittels Erhöhung der Preise von Produkten und Diensten. Denn
es ist sonst nicht einzusehen, weshalb ein Kaufmann oder Gastwirth mit 3000 Mark
Reineinkommen so viel steuerfähiger sein sollte, als ein Kapitalist, der ebenso viel
an Zinsen von Staatspapieren bezieht. Weil aber die Ueberwälzung doch immer
etwas sehr Mißliches, Unsicheres ist, und sich außerdem nur als die allmähliche
Folge des Verkehrs herausstellen wird, dann aber um den inländischen Gewerbebetrieb
nicht in seiner Konkurrenzfähigkeit mit dem Auslande zu schwächen, werden nur sehr
mäßige Sätze angewendet werden, und die G. nur ein ergänzendes Glied eines
rationellen Steuersystems sein dürfen.
In Preußen sind im Laufe dieses Jahrhunderts zwei ganz verschiedene Systeme
der G. einander gefolgt, deren nähere Betrachtung auch von allgemeinem theoretischen
Interesse ist.
Das Edikt vom 2. November 1810 über die Einführung einer allgemeinen G.
nahm jedes Gewerbe im weitesten Sinne, es bestehe in Handel, Fabriken, Hand-
werken, es gründe sich auf eine Wissenschaft oder Kunst, als steuerpflichtig an, sofern
dasselbe nicht ausdrücklich als steuerfrei erklärt war. Als gewerbesteuerpflichtig galt
danach jede nach einer bestimmten Richtung dauernd fortgesetzte menschliche Thätig-
keit, insbesondere auch jede geistige Thätigkeit dieser Art, sofern mit derselben ein
Erwerb verbunden ist. Nicht verpflichtet zur Lösung eines Gewerbescheins waren
damals nur Staats= und Kommunalbeamte bei Uebernahme ihres Amts, Eigen-
thümer, Pächter und Nutznießer eines ländlichen Grundstücks, sofern sie dasselbe selbst
bewirthschaften, während Administratoren und Solche, welche die bei einem ländlichen
Grundstücke befindlichen Milchereien, Fischereien, Jagden, Gärten, Brauereien, Ziegel-,
Kalk-, Theeröfen, Mühlen 2c. pachten, Gewerbescheine lösen müssen; befreit waren
ferner Diejenigen, welche ein Grundstück zur Wohnung, zur Kultur der dazu gehörigen
Ländereien und zum Vermiethen benutzen, mit Ausnahme Derer, welche in Städten
und Vorstädten ein Gewerbe daraus machen, möblirte Zimmer zu vermiethen, Garten-
früchte zum Verkauf zu ziehen rc.; befreit waren Diejenigen, welche Kapitalien auf