Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gewerbliche Arbeiter. 175 
Denjenigen, welche den Mittelsatz nicht aufbringen können, ein niedrigerer Satz zu 
zahlen, dessen Minimum jedoch gesetzlich fixirt ist; der Ausfall, welcher hierdurch 
entsteht, muß durch höhere Beiträge Derjenigen gedeckt werden, welche vermöge ihres 
stärkeren Betriebs mehr als den Mittelsatz zahlen können. Die G. der Bäcker und 
Fleischer wird zwar in den beiden letzten Steuerabtheilungen nach Mittelsätzen, in 
den beiden ersten aber nach dem Verhältniß der Bevölkerung in der Weise erhoben, 
daß in der ersten Abtheilung jährlich 24 Mark, in der zweiten 18 Mark vom 
Kopfe der Bevölkerung aufgebracht werden müssen. Die G. vom Müllergewerbe 
wird bei Windmühlen nach der Bauart, bei Wassermühlen nach den Mahlgängen, 
die G. für die Schiffahrt wird nach der Tragbarkeit der Fahrzeuge, für das Fuhr- 
gewerbe nach der Zahl der Pferde, endlich die G. vom Umherziehen nach einem 
festen Satze ohne Rücksicht auf den Umfang des Betriebs, nur mit Begünstigung 
gewisser Hausirgewerbe vom örtlichen Nutzen bestimmt. — Für diejenigen steuer- 
pflichtigen Gewerbe, bei denen die Veranlagung nach Mittelsätzen erfolgt, ist endlich 
in der Regel den Steuerpflichtigen selbst bei der Vertheilung der Steuer in der 
Weise eine Einwirkung beigelegt, daß sie Steuergesellschaften bilden, die sich in den 
drei ersten Abtheilungen auf die einzelnen Städte, in der vierten auf den ganzen 
Kreis beziehen, und denen Jeder beitreten muß, der das Gewerbe treibt. Während 
nun im Allgemeinen jedes Gewerbe in Stadt oder Kreis nur eine Steuergesellschaft 
bildet, so wird dagegen die G. vom Handel wiederum in drei Steuerklassen veranlagt, 
A. I., A. II. und B. Die Klasse A. I. und A. II. bilden Steuergesellschaften in 
der Weise, daß die Klasse A. I. in der Regel den ganzen Regierungsbezirk umfaßt, 
und daß nach Zahl und Bedeutung der in den einzelnen Regierungsbezirken vor- 
handenen Geschäfte nochmals zwei Abtheilungen gebildet werden, wonach sich die 
Höhe der Mittelsätze bestimmt. Dieser Steuergesellschaft liegt die Vertheilung der 
Steuern unter sich durch die von ihnen aus ihrer Mitte unter obrigkeitlicher Leitung 
gewählten Abgeordneten ob. Wo dagegen eine Vertheilung durch Gesellschaften der 
Steuerpflichtigen nicht stattfindet, wie z. B. bei dem Handel Klasse B. oder bei den- 
jenigen Gewerben, wo das System der Mittelsätze nicht Platz greift, wird die Ver- 
theilung in den drei ersten Abtheilungen durch die Kommunal-, in der vierten durch 
die Kreisbehörde bewirkt; diese Behörden sind jedoch verpflichtet, sich des Raths der 
Gewerbetreibenden zu bedienen. (Vgl. übrigens Ges., betr. einige Abänderungen der 
Gesetze vom 30. Mai 1820 und 19. Juli 1861 wegen Entrichtung der G., vom 
20. März 1872, sowie Ges. betr. einige Abänderungen der Vorschriften über die 
Besteuerung der Bäcker, Fleischer, Brauer 2c. und des Gewerbebetriebes im Umher- 
ziehen vom 5. Juni 1874.) 
Die Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen ist durch das Gesetz vom 
3. Juli 1876, und die Besteuerung des Wanderlagerbetriebs durch das Ges. vom 
27. Februar 1880 näher geregelt worden. 
Lit.: J. G. Hoffmann, Die Lehre von den Steuern, Berl. 1840, S. 189 ff. — 
Nasse, Bemerkungen über das Preuß. Steuersystem, Bonn 1861, S. 46, 64, 95. — Diete- 
rici, Zur Geschichte der Steuerreform in Preußen von 1810—20, Berl. 1875. — v. Stein, 
Lehrb. der Finanzwissenschaft, 4. Aufl., Bd. II. (1878) S. 128 ff. — Mascher, Die Gewerbe- 
Gesetzgebung Preußens in ihrer neuesten Gestalt, Potsd. 1863. — Fentsch, Art. G. in 
Bluntschli's Staats Wört. B., Bd. IV. (1859) S. 341 ff. — Vocke, Ueber das Bayer. G.= 
Gesetz in der Ztschr. für die ges. Staatswissensch., 1861, S. 3 ff.; Derselbe, Die Besteuerung 
der Gewerbe in England, mit Zusätzen von Helferich, a. a. O., 1862, S. 275 ff. — Hoff- 
mann, Die verschiedenen Methoden der rationellen G., a. a. O., 1850, S. 660; Derselbe, 
Die Zulässigkeit der landwirthschaftl. G. neben der Grundsteuer, a. a. O., 1854, S. 304 ff. — 
Kletke, Lit. über das Finanzwesen, 3. Aufl. 1876, S. 218 ff. 
Ernst Meier. 
Gewerbliche Arbeiter. Von demselben handelt Titel VII. der RGew.O., wie 
sie durch das Reichsgesetz vom 17. Juli 1878 abgeändert ist. Zu ihnen gehören 
Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge und Fabriksarbeiter. Auf die Gehülfen und Lehrlinge
	        
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