180 Gewinnsüchtige Absicht.
auch auf die Gründung wirthschaftlicher Genossenschaften, besonders auch von Pro-
duktiv-Genossenschaften, das höchste Ziel der genossenschaftlichen Organisationen mit
dem Zweck der Verwandlung der Lohnarbeit in gewerbliche Ertragsarbeit. Dies
führt die G. dahin, aus Verbänden für gemeinsame Forderungen Verbände für ge-
meinsame Leistungen zu machen, eine Solidarität der Pflichten herbeizuführen.
Die Verfassung ist derart, daß die an einem Orte zusammenwohnenden Mit-
glieder desselben Gewerbes den Ortsverein bilden, als dessen Organe die Orts-
versammlung und der Ortsausschuß fungiren; daß dann die verschiedenen Ortsvereine
desselben Gewerks den einheitlichen G. konstituiren, dessen Organe Generalversamm-
lung und Generalrath sind (die erstere besteht aus Delegirten der Ortsvereine nach
ihrer Mitgliederzahl, der Generalrath ist ein geschäftsführender Ausschuß); daß endlich
die sämmtlichen G. den allgemeinen Verband bilden, dessen Organe der Verbandstag
und der Centralrath sind. Dabei liegt der Schwerpunkt in den Ortsvereinen, deren
Kassen nur den kleinsten Theil ihrer Einnahme an die Glkasse abführen, die ihrerseits
ergänzend eintritt. So ist namentlich der Hirsch -Duncker'sche G. konstituirt, mit
etwa 270 Ortsvereinen und 30 000 Mitgliedern. Daneben bestehen aber selbständig
einige G. mehr sozial-demokratischer Färbung, der der Cigarrenarbeiter, der Verband
deutscher Buchdrucker und Schriftgießer 2c.
Eine ganz andere Bedeutung haben die G. in England erlangt; die Zahl der
Genossen beträgt dort fast eine Million, so daß, wenn die Familien mitgerechnet
werden, etwa 5 Millionen auf diese G. angewiesen sind für Regelung des Lohnes,
Krankheit, Tod. Der größte dieser Vereine ist die vereinigte Maschinenbau-Arbeiter-
genossenschaft (amalgamated engineers); dieser G. hat 308 Zweigvereine mit einem
Einkommen von 90 000 Pfd., Reservefonds von 140 000 Pfd. Im Jahre 1865
verwandten sie, bei einer Gesammtausgabe von 50 000 Pfd., 14 000 Pfd. zu Strike-
zwecken, 20 000 Pfd. für Kranken= und Invalidenzwecke.
Die G. gelten juristisch in Preußen als erlaubte Privatgesellschaften; denn wenn
auch ihre Thätigkeit oft sehr unbequem werden kann, so ist doch der Krieg zwischen
Kapital und Arbeit eine erlaubte Institution. Die G. ruhen also auf der Bafis
der allgemeinen Assoziationsfreiheit (Art. 30 der Verfassungsurkunde), unterworfen
dem Vereinsgesetz vom 11. Mai 1850.
In England ist man darüber hinausgegangen, indem die Parlamentsakte vom
14. Febr. 1871 den trade-unions Korporationsrechte verliehen hat, sofern sie sich
im öffentlichen Register eintragen lassen und gewisse Normativbedingungen erfüllen,
wesentlich finanzieller Natur. In Deutschland ist die juristische Persönlichkeit in
ähnlicher Weise den Erwerbs= und wirthschaftlichen Genossenschaften mit Solidarhaft
ihrer Mitglieder, besonders den Vorschuß= und Kreditvereinen, Rohstoffvereinen,
Produktiv-Genossenschaften durch das Norddeutsche Bundesgesetz vom 4. Juli 1868
bereits beigelegt worden.
Lit.: en der Eisenacher Versammlung im Oktober 1872. — Schriften des
Vereins für Sozial-Politik IV. (Verhandlungen von 1873.) — L. Brentano, Die Arbeiter-
gilden der Gegenwart, 1. Bd. Zur Geschichte; 2. Bd. Zur Kritik der Englischen G., Leipz.
1872. — Hubert-- Palier? Etude sur la Iégislation relative aux Trades Unions
GGullet. de la législ. comparée 1871)72, p. 161 ss., 170 ss.). — Andrimont, La coopé-
ration ouvrière en Belgique, Liège 1876. — Bamberger, Arbeiterfrage, S. 78 ff., 149 ff.
261 ff., 268, 318, 332 ff. Ernst Meier.
Gewinnsüchtige Absicht. Eine die Verübung von Verbrechen begleitende
Willensrichtung, welche für den Begriff oder doch für die Bestrafung derselben von
Bedeutung ist. Der schwankende Sinn der Worte „Gewinn“ und „Absicht“ bringt
es mit sich, daß auch der Ausdruck „Lgewinnsüchtige Absicht“ ein vieldeutiger und
vielgedeuteter ist.
Gewinn kann in einem weitesten Sinn die Befriedigung des Verlangens be-
deuten, welches den Verbrecher zum Verbrechen trieb; wie denn die Römischen Juristen