Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

182 Gewinnsüchtige Absicht. 
Viel zu weit geht die Behauptung Binding's (vgl. übrigens auch Meyer, 
Lehrb., § 138 N. 11), daß, abgesehen von der letzten Stelle, wo die Gewinnsucht 
allein als gemeines Motiv in Betracht komme und sich nicht als Vorsatz darstelle, 
die g. A. der vier übrigen Stellen ebenso wie die verwandten Ausdrücke „seines 
Vortheils wegen“ in §§ 257 Abs. 1, 258, 259 (2607); „um sich oder einem 
Andern einen Vermögensvortheil zu verschaffen“ in §8 266 i. f., 268, 272, 273, 
282 3. 2, 349 (warum nicht auch „aus Eigennutz“ in 88 180 und 181, und 
„gewerbsmäßig“, welches ja stets die gewinnsüchtige Absicht in sich schließt: Dochow, 
Gewerbem. Verbrechen, S. 13 ff., 60 ff., 98; Pezold, Strafrechtspraxis, ad § 284 
sub 3, in §8§ 260, 294, 361 Z. 6 vgl. § 284 7) identisch seien mit der „Absicht, 
sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu verschaffen“ 
in §§ 253 u. 263, und gleich dieser den Vorsatz bezeichnen (Normen, I. S. 120 
mit II. S. 597 bes. N. 881). Sollte das richtig sein, so müßte in all den ge- 
nannten Stellen die Rechtswidrigkeit des angestrebten Gewinns subintelligirt 
werden; denn „daß Jemand Vortheil für sich oder Andere sucht, kann an sich 
niemals rechtswidrig sein, da es vielmehr den erlaubten natürlichen Trieben des 
Menschen angemessen ist“ (Escher, Betrug, S. 407); es müßten ferner Gewinn, 
Vortheil und Vermögensvortheil im Deutschen Straf#B. Synonyma sein, was an 
sich unwahrscheinlich ist; es würden endlich alle in obigen Paragraphen enthaltenen 
Verbrechen Bereicherungsverbrechen sein, was sie gewiß nicht sein sollen (vgl. indeß 
bezüglich der Ausbeutung Minderjähriger auch Merkel im Handb. III. S. 733 
N. 4). 
Zunächst gegen die Hineintragung der Rechtswidrigkeit des Gewinns in jene 
Paragraphen, welche sie nicht ausdrücklich verlangen, erklären sich daher mit Recht 
z. B. Oppenhoff zu § 257 sub 20, zu § 266 sub 21; v. Schwarze zu § 268 
sub 2. Damit fällt aber dann von selbst die Möglichkeit, die g. A. als Vorsatz 
aufzufassen. Und daß speziell in den vier Paragraphen, wo das Gesetz g. A. 
postulirt, darunter nicht der Vorsatz, sondern der Beweggrund des Thäters zu ver- 
stehen sei, dürfte sich aus den Motiven des Deutschen StrafG B. und aus den Ver- 
handlungen ergeben. Ganz allgemein schon daraus, daß nach den Motiven S. 74 
die Aufnahme des Requisits der g. A. in den Diebstahlsbegriff deswegen vermieden 
wurde, weil es gleichgültig sei, „ob das Motiv hierbei Habsucht oder Gewinnsucht 
gewesen“. Dieser Auffassung aber der g. A. als bloßes Motiv entsprechend, be- 
merken die Motive zu § 167 des Entwurfs (§ 169 des Straf G#B.), „der Entwurf 
unterscheidet bei der vorsätzlichen Verdunklung des Personenstandes eines Menschen, 
ob diese Handlung aus gewinnsüchtiger Absicht oder aus anderen Motiven hervor- 
gegangen, und normirt nach dieser Unterscheidung die Art und das Maß der Strafe“; 
wobei ausdrücklich der § 138 des Preuß. Straf GB. getadelt wird, weil er jede 
Verdunklung des Personenstandes „ohne Rücksicht auf die bei der That leitend ge- 
wesenen Motive“ mit Einer Strafe bedroht habe und so der Verschiedenheit der 
Verschuldung nicht gerecht geworden sei. Auf Grund dieser Motivirung wurde der 
§ 167 im Reichstag ohne Debatte angenommen (Stenogr. Ber. S. 641). Was 
endlich die 9§ 301 und 302 anlangt, so war im Entwurf lediglich in den § 297 
das Requisit der g. A. ausgenommen, fehlte dagegen im § 298. Erst die Reichs- 
tagskommission setzte es auch hier ein, weil die Handlungen der beiden Paragraphen 
sich lediglich durch das Qualifikationsmoment des Abverlangens des Ehrenwortes 
oder eines außerordentlichen Eides in dem zweiten Paragraph unterscheiden sollten, 
im Uebrigen also den gleichen Thatbestand haben müßten. Trotzdem nun der 
Bundeskommissar sich gegen die Aufnahme der g. A. in den § 298 erklärte, weil, 
wenn einmal Jemand einem Minderjährigen auf Ehrenwort einen Schuldschein aus- 
stelle, das schon an sich so strafbar sei, daß nach seinen Motiven nicht weiter ge- 
forscht zu werden brauchte, so wurde doch der Paragraph in der Fassung der Kom- 
mission adoptirt (Stenogr. Ber. S. 735). Durch all dies dürfte sich die Behauptung
	        
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